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Dienstag, 31. März 2015

Stabat Mater





Stabat Mater ―
langsam öffnet sich die Tür
dem Licht entgegen.




(Stabat Mater ― / the door opening / towards the light.)

Beate Conrad


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Lateinischer Originaltext
gedichtet um 1200–1300
Gereimte Übertragung
Christoph Martin Wieland 1779
1. Stabat mater dolorosa
Iuxta crucem lacrimosa,
Dum pendebat filius;
2. Cuius animam gementem,
Contristantem et dolentem
Pertransivit gladius.

3. O quam tristis et afflicta
Fuit illa benedicta
Mater unigeniti!
4. Quae maerebat et dolebat,
Et tremebat, cum videbat
Nati poenas incliti.

5. Quis est homo, qui non fleret,
Matrem Christi si videret
In tanto supplicio?
6. Quis non posset contristari,
Piam matrem contemplari
Dolentem cum filio?

7. Pro peccatis suae gentis
Iesum vidit in tormentis
Et flagellis subditum.
8. Vidit suum dulcem natum
Morientem, desolatum,
Cum emisit spiritum.

9. Eia, mater, fons amoris,
Me sentire vim doloris
Fac, ut tecum lugeam.
10. Fac, ut ardeat cor meum
In amando Christum Deum,
Ut sibi complaceam.

11. Sancta mater, illud agas,
Crucifixi fige plagas
Cordi meo valide.
12. Tui nati vulnerati,
Iam dignati pro me pati,
Poenas mecum divide.

13. Fac me vere tecum flere,
Crucifixo condolere,
Donec ego vixero.
14. Iuxta crucem tecum stare,
Te libenter sociare
In planctu desidero.

15. Virgo virginum praeclara,
Mihi iam non sis amara,
Fac me tecum plangere.
16. Fac, ut portem Christi mortem,
Passionis eius sortem
Et plagas recolere.

17. Fac me plagis vulnerari,
Cruce hac inebriari
Ob amorem filii.
18. Inflammatus et accensus,
Per te, virgo, sim defensus
In die iudicii.

19. Fac me cruce custodiri,
Morte Christi praemuniri,
Confoveri gratia.*
20. Quando corpus morietur,
Fac ut anima donetur
Paradisi gloriae.
Schaut die Mutter voller Schmerzen,
wie sie mit zerrißnem Herzen
unterm Kreuz des Sohnes steht:
Ach! wie bangt ihr Herz, wie bricht es,
da das Schwerdt des Weltgerichtes
tief durch ihre Seele geht!

O wie bittrer Qualen Beute
ward die Hochgebenedeite
Mutter des Gekreuzigten!
Wie die bange Seele lechzet!
Wie sie zittert, wie sie ächzet,
des Geliebten Pein zu sehn!

Wessen Auge kann der Zähren
Bey dem Jammer sich erwehren,
der die Mutter Christi drückt?
Wer nicht innig sich betrüben,
der die Mutter mit dem lieben
Sohn in solcher Noth erblikt?

Für die Sünden seiner Brüder,
sieht sie, wie die zarten Glieder
schwehrer Geisseln Wuth zerreißt:
Sieht den holden Sohn erblassen,
Trostberaubt, von Gott verlassen,
still verathmen seinen Geist.

Laß, o Mutter, Quell der Liebe,
laß die Fluth der heil‘gen Triebe
strömen in mein Herz herab!
Laß in Liebe mich entbrennen,
ganz für den in Liebe brennen,
Der für mich sein Leben gab.

Drük, o Heilge, alle Wunden,
die dein Sohn für mich empfunden,
tief in meine Seele ein!
Laß in Reue mich zerfließen,
mit ihm leiden, mit Ihm büßen,
mit Ihm theilen jede Pein!

Laß mich herzlich mit dir weinen,
mich durchs Kreuz mit Ihm vereinen,
sterben all mein Lebenlang!
Unterm Kreuz mit dir zu stehen,
unverwandt hinauf zu sehen,
sehn‘ ich mich aus Liebesdrang.

Gieb mir Theil an Christi Leiden,
laß von aller Lust mich scheiden,
die ihm diese Wunden schlug!
Auch ich will mir Wunden schlagen,
will das Kreuz des Lammes tragen,
welches meine Sünde trug.

Laß, wenn meine Wunden fließen,
liebestrunken mich genießen
dieses tröstenden Gesichts!
Flammend noch vom heilgen Feuer,
deck, o Jungfrau, mich dein Schleyer
Einst am Tage des Gerichts!

Gegen aller Feinde Stürmen
Laß mich Christi Kreuz beschirmen,
sey die Gnade mein Panier!
Dekt des Grabes düstre Höle
Meinen Leib, so nimm die Seele
Auf ins Paradies zu dir!
 


* In der "deutschen" (so Herausgeber, S.316) Gruppe der Handschriften (insgesamt 28) findet sich statt dieser Strophe die folgende:
Christe, cum sit hinc exire,
Da per matrem me venire
Ad palmam victoriae.


Quelle: Wikipedia


Montag, 30. März 2015

märzgarten





märzgarten
die amsel sortiert den
rindenmulch neu




(march garden / a blackbird sorts / bark mulch anew)

Isabella Kramer



(Übersetzung: Beate Conrad)
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Foto: © Wolfgang Dirscherl / pixelio.de



Sonntag, 29. März 2015

Die Herrin vom See





"Die Herrin vom See"
aus New York zur Fastenzeit-
Wallfahrt im Auto





(La Donna del Lago / from New York at my lenten / pilgrimage by car.)

Horst Ludwig



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Die Herrin vom See

auch unter folgenden Namen bekannt: Nimue, Viviane, Niniane, Elaine, Nivian, Nyneve, Nimueh, Dame vom See, Hüterin der Quelle, Meagreva (Königin des Wassers) oder Dame vom Brunnen.Nimue ist die Hüterin des Sees, aus welchem Artus das Schwert Excalibur erhielt, sie gilt als Ziehmutter Lancelots und auch als Lehrerin oder Geliebte des Zauberers Merlin.


Die Herrin vom See 

ist ein weiblicher Geist des Wassers und tritt in verschiedener Form häufig in der Artus-Sage auf. Viele Gelehrte sagen, sie sei eine Verschmelzung zahlreicher weiblicher Gestalten aus der gallischen, griechischen, römischen und besonders der keltischen Mythologie. Das Wasser, Seen und Quellen wurden in alten Zeiten häufig mit der mythischen, weiblichen Urform in Verbindung gebracht. Ihr Name "Viviane" ähnelt der Diana, der römischen Göttin des Waldes, der Jagd und des Mondes. Sie und Morgan le Fay scheinen den gleichen Ursprüngen zu entstammen. Es heißt, die beide seien bloß Abspaltungen der keltisch-walisischen Göttin Modron (auch Madron oder Madrun), einer dreifachen (junges Mädchen, reife Frau, Greisin) Muttergöttin, welche ihrerseits von der gälischen Urgöttin Matrona abgeleitet ist. Sie soll die Hüterin des Sees gewesen sein, in welchem die magische Insel Avalon lag. Auch überreichte sie dem jungen Artus das Zauberschwert Excalibur, welches auf Avalon geschmiedet ward. Sie war entweder die Lehrerin oder die Geliebte Merlins. Häufig half sie ihm und Artus, in manchen Sagen aber war sie das Verderben des alten Zauberers. Ihr Geliebter war der Ritter Pelleas (oder Pellias), ein Ritter der Tafelrunde.




Samstag, 28. März 2015

PETA-Proteste





PETA-Proteste
Die silbergrauen Pelze
Der Weidenkätzchen




(PETA protests / The silver-gray fur / Of pussy willows)

Chris David



(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: ©  Chris David




Freitag, 27. März 2015

frühlingsregen





frühlingsregen
danach die bäume
im gellenden grün




(spring rain / afterwards the trees / in jazzy green)

Peter Wißmann



(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Frühlingsregen

Tröpfelnde Wolken, Himmel wie grau,
Ach wie so dunkel alles und düster!
Aber die Lüfte linde und lau!
Tief in der Erde heimlich Geflüster.

Und in den Büschen, ach wie so grün!
Äugelein helle, Knöspchen viel tausend.
Frühlingsgedanken, träumende, ziehn
Über die Erde sausend und brausend.

Winterlich dräuend dunkel Geschick,
Himmel von Wolken ach wie verhangen
Herz voller Liebe, Herz voller Glück,
Winter vergessen, Kummer vergangen.

Ernst von Wildenbruch (1845-1909)
Aus der Sammlung Lieder





Donnerstag, 26. März 2015

Ikebana





Ikebana
eine Reiterin verbindet
Himmel und Erde




(Ikebana / an equestrienne joining / heaven and earth)

Gabriele Hartmann



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Wikipedia:

"Ikebana (jap. 生け花 auch いけばな, wörtlich „lebende Blumen“) ist die japanische Kunst des Blumenarrangierens. Die meditative Form des Ikebana wird Kadō (華道, dt. „Weg der Blumen“) genannt. Sowohl Schüler als auch Lehrer des Kadō werden Kadōka (華道家) genannt." ...
"Das Ikebana-Arrangement soll einerseits die Natur in den Lebensraum des Menschen bringen, jedoch gleichzeitig die kosmische Ordnung darstellen. Durch das Arrangement stellt der Gestalter sowohl sein Verhältnis zur Natur als auch seine jeweiligen Gefühle dar, die ihn während des Gestaltens bewegen. In den klassischen Schulen des Ikebana muss auch immer die jeweilige Jahreszeit durch die Auswahl des Materials zu erkennen sein. Im Gegensatz zur dekorativen Form des Blumensteckens in der westlichen Welt schafft das Ikebana eine Harmonie von linearem Aufbau, Rhythmik und Farbe. Während im Westen die Anzahl und Farbe der Blumen betont und hauptsächlich die Blüten beachtet werden, betonen die Japaner die linearen Aspekte der Anordnung. In dieser Kunst werden ebenfalls Vase, Stängel, Blätter, Zweige sowie auch die Blüten beachtet. Die meisten Ikebana-Formen basieren auf den drei Linien shin (真), soe (副) und tai (体), die Himmel, Erde und Menschheit symbolisieren."


Claudia Brefeld:

"Ikebana ist nicht nur eine Harmonie von linearem Aufbau, Rhythmik und Farbe, sondern immer auch Ausdruck der jeweiligen Gefühle, die seinen Gestalter bewegen. Das Darstellen der kosmischen Ordnung fließt ebenso mit ein, wie das Verhältnis zur Natur."




Mittwoch, 25. März 2015

im Moor





im Moor –
ich halte Zwiesprache
mit dem Irrlicht





(in the bog - / I'm communing / with the fen fire)

Gerd Börner



(Übersetzung: Silvia Kempen / Horst Ludwig)
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Irrlicht

Irrlicht hüpft spielend
Ueber den Plan,
Irrlicht blickt schielend,
Doch lockend Dich an.

Ueber die Wiese,
Hinter dem Busch,
Wie aus Kaprice,
Verschwindet's, husch, husch!

Taucht aus dem Sumpfe
Wieder hervor,
Klettert am Stumpfe
Wie neckend, empor.

Möcht', daß dem Blinken
Folgtest Du schnell -
Trau solchen Winken
Nicht, guter Gesell!

Prüf' erst der Lichter
Flackernden Schein;
Solches Gelichter
Trägt Unglück nur ein! -

Karl Stelter (1823-1912)
Aus der Sammlung Naturbilder



Dienstag, 24. März 2015

Ranunkeln gefüllt





Ranunkeln gefüllt,
wie sie langsam verblassen - 
Erinnerungen.




(Buttercups filled, / how they slowly fade - / memories.) 

Angelika Holweger
(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © SarahC. / pixelio.de




Montag, 23. März 2015

Meisen nisten





Meisen nisten
ein Zimmer für mich allein
in den Wolken




(chickadee tune / a room of my own / in the clouds) 
Simone K. Busch



(Erstveröffentlichung: Haiku Heute, April 2012)
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Auszug aus Wikipedia:

Ein Zimmer für sich allein oder Ein eigenes Zimmer (im Original: A Room of One’s Own) ist ein 1929 erschienener Essay der britischen Schriftstellerin Virginia Woolf (1882–1941), der bereits zu ihren Lebzeiten große Anerkennung erhielt und heute zu den meistrezipierten Texten der Frauenbewegung gehört. Der Aufsatz vereint Thesen zum Feminismus und zur Geschlechterdifferenz mit solchen zur Literaturgeschichte und zur Poetik. In deutscher Übersetzung wurde er unter dem Titel Ein Zimmer für sich allein erstmals im Jahr 1978, übersetzt von Renate Gerhardt, veröffentlicht.[1] 2001 erschien Ein eigenes Zimmer in der Übersetzung von Heidi Zerning,[2] und 2012 kam Ein Zimmer für sich allein, ins Deutsche übertragen von Axel Monte, heraus.[3]

1. Übersetzung der Gedichte: Wulf Teichmann. Gerhardt-Verlag, Berlin 1978, ISBN 3-920272-29-8. (siehe: Rainer Maria Gerhardt, 1981 als Fischer-Taschenbuch herausgekommen
2. Kurzbeschreibung des Fischer Verlags
3. bei Reclam




Sonntag, 22. März 2015

Morgenröte





Morgenröte
sie zieht ihre Lippen nach
Mama lächelt 





(Aurora / she paints over her lips / mum smiling)

Christof Blumentrath 



(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Willi Doerr / pixelio.de


Samstag, 21. März 2015

Hier noch mal Schneefall





Hier noch mal Schneefall.
Fern die Töchter auf dem Weg
zum Fujigipfel.




(Here snow once again. / Far away, the daughters hiking / up Mt. Fuji.)

Horst Ludwig 



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.かたつぶりそろそろ登れ富士の山


katatsuburi soro-soro nobore fuji no yama


Kobayashi Issa (1763-1827)



little snail
inch by inch, climb
Mount Fuji!


(Englische Übersetzung: David G. Lanoue)



kleine Schnecke
Zoll für Zoll, erklimmt
den Berg Fuji


(Aus dem Englischen übersetzt: Silvia Kempen)




Freitag, 20. März 2015

leerer Fahrstuhl





leerer Fahrstuhl -
der Mond schiebt sich
vor die Sonne






(empty elevator - / the moon moves / in front of the sun)
 
Friedrich Kelben
 
 

(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: ©  Adolf Riess / pixelio.de
 
 
 
 
 

Donnerstag, 19. März 2015

Tauwetter





Tauwetter ...
voll Anmut klingt noch
deine Melodie




(Thaw ... / full of charm still sounds / your melody)

Cezar-Florin Ciobîcă



(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Brausender Lenzwind

Aus Süden braust der Wind heran,
Läßt Schnee, läßt Schollen tauen,
Es wellt der See, die Saat hub an
Zartgrün zum Licht zu schauen.
Kosewind, der vom Werden spricht,
Tosewind, der auf Erden bricht
Dunkles Eis im Gemüte,
Lege zu Grabe, was morsch, was still,
Segne, was leben, was rauschen will,
Fülle den kümmernden Herzensschrein
Tief mit Schönheit, mit Sonnenschein,
Streif uns, die Pflüger im Arbeitstag,
Mit der Ewigkeit Fittichschlag,
Künde: des Wollens Kummersaat
Wächst durch Glauben zur Kraft, zur Tat,
Herz, weil du bangst, Herz, weil du weinst,
Wirst du jubelnd schauen dereinst
Lenze voll ewiger Blüte.

Prinz Emil von Schoenaich-Carolath-Schilden (1852-1908)





Mittwoch, 18. März 2015

Schmelzbäche springen





Schmelzbäche springen!
Ein braunes Blatt,
noch eingeschlossen im Eis.





(Melting brooks burst! / A brown leaf / still locked in the ice.)

Volker Friebel



(Übersetzung: Beate Conrad) 
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Foto: © Silvia Kempen




Dienstag, 17. März 2015

Zwielicht






Zwielicht ... 
ein Maulwurfshügel 
stellt die Lauscher




(Twilight ... / a mole heap pricks up / its ears)

Friedrich Winzer



(Übersetzung: Beate Conrad)
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Ein Maulwurf

Die laute Welt und ihr Ergötzen
Als eine störende Erscheinung
Vermag der Weise nicht zu schätzen.
Ein Maulwurf war der gleichen Meinung.
Er fand an Lärm kein Wohlgefallen,
Zog sich zurück in kühle Hallen
Und ging daselbst in seinem Fach
Stillfleißig den Geschäften nach.
Zwar sehen konnt’ er da kein bissel,
Indessen sein getreuer Rüssel,
Ein Nervensitz voll Zartgefühl,
Führt sicher zum erwünschten Ziel.
Als Nahrung hat er sich erlesen
Die Leckerbissen der Chinesen,
Den Regenwurm und Engerling,
Wovon er vielfach fette fing.
Die Folge war, was ja kein Wunder,
Sein Bäuchlein wurde täglich runder,
Und wie das häufig so der Brauch,
Der Stolz wuchs mit dem Bauche auch.
Wohl ist er stattlich von Person
Und kleidet sich wie ein Baron,
Nur schad, ihn und sein Sammetkleid
Sah niemand in der Dunkelheit.
So trieb ihn denn der Höhensinn
Von unten her nach oben hin,
Zehn Zoll hoch oder gar noch mehr,
Zu seines Namens Ruhm und Ehr
Gewölbte Tempel zu entwerfen
Und denen draußen einzuschärfen,
Daß innerhalb noch einer wohne,
Der etwas kann, was nicht so ohne.
Mit Baulichkeiten ist es mißlich.
Ob man sie schätzt, ist ungewißlich.
Ein Mensch von anderm Kunstgeschmacke,
Ein Gärtner, kam mit einer Hacke.
Durch kurzen Hieb nach langer Lauer
Zieht er ans Licht den Tempelbauer
Und haut so derb ihn übers Ohr,
Daß er den Lebensgeist verlor.
Da liegt er nun, der stolze Mann.
Wer tut die letzte Ehr ihm an?
Drei Käfer, schwarz und gelb gefleckt,
Die haben ihn mit Sand bedeckt.

Wilhelm Busch (1832-1908)




Montag, 16. März 2015

Vorfrühling





Vorfrühling
jetzt sprießen sie wieder
die Tagträume




(Early spring / they sprout again now / the daydreams)

Birgit Heid



(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Vorfrühling

Vorfrühling seufzt in weiter Nacht,
daß mir das Herze brechen will;
Die Lande ruh´n so menschenstill,
nur ich bin aufgewacht.

O horch, nun bricht des Eises Wall
auf allen Strömen, allen Seen;
Mir ist, ich müßte mit vergeh´n
und Woge wieder auferstehen,
zu neuem Klippenfall.

Die Lande ruh´n so menschenstill;
Nur hier und dort ist wer erwacht,
und meine Seele weint und lacht,
wie es der Tauwind will.

Christian Morgenstern (1871-1914)




Sonntag, 15. März 2015

anthozoans






anthozoans ... 
exploring the depths
of my conscience





(Blumentiere … / erkunde die Tiefenstufen / meines Gewissens)
 
 Ramona Linke
 
 
 
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Foto: © Marc Tollas / pixelio.de
 




Samstag, 14. März 2015

Märzwind





Märzwind
wie wärmend
dein junges Lächeln ist




(March wind / how warming / your young smile)

Birgit Schaldach-Helmlechner
 
 
 
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Märzwind

Der Märzwind wühlt im jungen Holz
Mit ungestümem Brausen,
Als wollt' er all des Waldes Stolz
Zerknicken und zerzausen.
O Märzwind, du betrügst uns nicht!
Du bringst den Frühling mild und licht.
Klar schimmert schon sein Angesicht
Durch all dein grimmes Hausen.

Im Herzen flutet mir zur Stund'
Ein ungestümes Wühlen,
Als wollt' es tief in seinem Grund
Erschüttern all mein Fühlen.
Du wildes Drängen, sag mir fein,
Bringst du den jungen Lenz herein,
Um, was hier glüht mit heißer Pein,
In Liebeslust zu kühlen?

Otto Baisch (1840-1892)




Freitag, 13. März 2015

ohne Gram





ohne Gram der
vernachlässigte Garten –
erster Krokus 





(without grief / the neglected garden - / first crocus)

Eleonore Nickolay



(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © www.Rudis-Fotoseite.de / pixelio.de


 

Donnerstag, 12. März 2015

tagmond





tagmond -
auch ich sehne mich
nach deiner nähe




(day moon - / I, too, yearn / to be close to you)

Isabella Kramer



(Übersetzung: Horst Ludwig)
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Mondsolo

Nun wird der Tagesmond im Blau erblassen;
noch gestern sang er silbern in die Nacht.
Ich konnte meinen Blick nicht von ihm lassen,
als ich von seinem Scheine aufgewacht.

Wohl im Kontrast nur kann sich vieles zeigen
und wirkt auf dieser Bühne kurze Zeit.
Der Mond, vor dessen Kraft sich Meere neigen,
er liebt für seinen Auftritt Dunkelheit.

Umringt vom Tanz und Funkeln vieler Sterne,
erscheint er dann, bietet sein Solo dar,
als gäbe es nur ihn, man glaubt es gerne.
In seinen Bann zieht er uns silberklar.

Denn mag auch manches anderswo bestehen,
es macht uns das betroffen, was wir sehen






Mittwoch, 11. März 2015

blütenduft





blütenduft
dein haar
weckt gefühle




(flowery scent / your hair / arouses emotions) 
​Sonja Raab



(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Sonja Raab




Dienstag, 10. März 2015

Twittern im Zug





Twittern im Zug
ein alter Mann setzt Weiden
auf den Stock




(tweeting in a train / an old man / coppicing)

Ralf Bröker



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Alt und Jung

Das Alte klappert, das Junge klinget;
Das Alte schleichet, das Junge springet.

Friedrich von Logau (1605-1655)
Aus der Sammlung Desz dritten Tausend 1. Hundert




Montag, 9. März 2015

sunset






sunset 
on the summits the snow 
burns up 




(sonnenuntergang / auf den bergen verglüht / der schnee)

Sylvia Bacher



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Foto: © Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de