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Freitag, 28. Februar 2014

schwindendes Licht





schwindendes Licht
nun bin ich die einzige
die noch an ihn denkt 






(fading light / now I am the only one / still thinking of him)


Gabriele Hartmann




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Foto: © Gabriele Hartmann






Donnerstag, 27. Februar 2014

Karneval





Karneval
sie legen die Masken ab
bis Aschermittwoch





(Mardi Gras / they take off their masks / till Ash Wednesday)

Angelika Knetsch


(Übersetzung: Silvia Kempen)

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Die Maske ablegen und das eigene Leben ausgraben

[Die meisten Menschen verstecken ihr wahres Ich und leben hinter einer Maske. Das gilt vor allem für Erfolgsmenschen, wie die Psychologin Helene Drexler feststellen musste. Nach außen hin befinden sich Erfolgsmenschen auf der Sonnenseite des Lebens, doch innen sieht es oft ganz anders aus. Attraktivität, Erfolg und Beliebtheit - das sind die Maßstäbe, denen sich viele Menschen unterordnen - bis von der eigentlichen Person nichts mehr übrig ist. ...]




Mittwoch, 26. Februar 2014

Nur eine Strophe





Nur eine Strophe.
Schnee fällt auf die Trauernden
auf dem Weg zurück.






(Only one stanza. / Snow falls on the mourners / on their way back.)



Horst Ludwig

 

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Das Trauerspiel von Afghanistan

Der Schnee leis stäubend vom Himmel fällt,
Ein Reiter vor Dschellalabad hält,
"Wer da?" - "Ein britischer Reitersmann,
Bringe Botschaft aus Afghanistan."

Afghanistan! Er sprach es so matt,
Es umdrängt den Reiter die halbe Stadt,
Sir Robert Sale, der Kommandant,
Hebt ihn vom Rosse mit eigener Hand.

Sie führen ins steinerne Wachthaus ihn,
Sie setzen ihn nieder an den Kamin,
Wie wärmt ihn das Feuer, wie Iabt ihn das Licht,
Er atmet hoch auf und dankt und spricht:

"Wir waren dreizehntausend Mann,
Von Kabul unser Zug begann,
Soldaten, Führer, Weib und Kind,
Erstarrt, erschlagen, verraten sind.

Zersprengt ist unser ganzes Heer,
Was lebt, irrt draußen in Nacht umher,
Mir hat ein Gott die Rettung gegönnt,
Seht zu, ob den Rest ihr retten könnt."

Sir Robert stieg auf den Festungswall,
Offiziere, Soldaten folgten ihm all',
Sir Robert sprach: "Der Schnee fällt dicht,
Die uns suchen, sie können uns finden nicht.

Sie irren wie Blinde und sind uns so nah,
So laßt sie's hören, daß wir da,
Stimmt an ein Lied von Heimat und Haus,
Trompeter blast in die Nacht hinaus!"

Da huben sie an und sie wurden's nicht müd',
Durch die Nacht hin klang es Lied um Lied,
Erst englische Lieder mit fröhlichem Klang,
Dann Hochlandslieder wie Klagegesang.

Sie bliesen die Nacht und über den Tag,
Laut, wie nur die Liebe rufen mag,
Sie bliesen - es kam die zweite Nacht,
Umsonst, daß ihr ruft, umsonst, daß ihr wacht.

Die hören sollen, sie hören nicht mehr,
Vernichtet ist das ganze Heer,
Mit dreizehntausend der Zug begann,
Einer kam heim aus Afghanistan.

Theodor Fontane (1819 - 1898)





Dienstag, 25. Februar 2014

Schneeloser Winter





Schneeloser Winter - 
wie vergessen, nackt und bloß 
das Laub vom Vorjahr. 




(Winter and no snow - / as if forlorn, stark naked / last year`s foliage.)

Sabine Sommerkamp




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Die Insel der Vergessenheit

Liegt irgendwo im weiten Meer
Ein selig, weltverloren Land,
Still ziehn die Wolken drüber her,
Und leise ebbt die Fluth am Strand.

Uralte Bäume grünen dort
Und wölben sich zum dichten Hain,
In den drang nie ein Menschenwort,
Nie eines Menschen Blick hinein.

Aus purpurrothen Kelchen steigt
Ein seltsam süßer, müder Hauch,
Versonnen sich der Himmel neigt
Und reglos träumen Busch und Strauch.

Am Ufer schaukelt sich ein Kahn,
Die Wellen plätschern sacht am Kiel –
Wen holt er ab auf weiter Bahn,
Wen trägt er her zum sel'gen Ziel?

Ach, daß der Kahn mich holen müßt'
Aus dieser bangen, bangen Zeit,
Daß ich den Weg zu finden wüßt'
Zur Insel der Vergessenheit.

Anna Ritter (1865 - 1921)


Montag, 24. Februar 2014

Vereiste Landschaft





Vereiste Landschaft.
Sturm fegt die kleinen Flocken
zu hohen Wehen.






(Icy landscape. / Storm sweeps the little flakes / into high drifts.)



Horst Ludwig



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"Ein Flockensturm, als ging' die Welt zu Ende,
Die lange Nacht der Wintersonnenwende!
Und morgen tritt durchs winterliche Haus
Des Steinbocks die verjüngte Sonn' heraus.
Altheil'ges Juelfest, Urväterwonne,
Des Lichts Triumphtag, die Geburt der Sonne,
Dich ehr' ich zwiefach, alter Weihebrauch:
Der Sonne Wiegenfest ist meines auch.
Ja, ich betrat die Welt beim Sonnensiege,
Und unterm Steinbock stand auch meine Wiege,
Zum Sinnbild nahm ich ihn, zum Wappentier,
Sein hohes Zeichen, was bedeutet's mir?..."

Isolde Kurz (1853 – 1944)




Sonntag, 23. Februar 2014

Morgendlicher Schnee







Morgendlicher Schnee.
Auch die Krähe, sonst verhaßt,
heute ist sie schön!*




(Early morning snow. / The crow, otherwise hateful, / today beautiful!)

Matsuo Bashô




* (Aus: Japanische Jahreszeiten, Manesse Verlag, aus dem Japanischen übertragen von Gerolf Coudenhove)

(Englische Übersetzung: Silvia Kempen)

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Matsuo Bashô




1644 geboren in Akasaka, Provinz Iga (heute: Akasaka, Ueno, Iga, Präfektur Mie).
Gestorben am 28. November 1694 in Ōsaka als Matsuo (= Familienname) Munefusa.

Bashô war ein japanischer Dichter und gilt als bedeutender Vertreter der japanischen Versform Haiku. Bashô und seine Schüler erneuerten die bis dahin humorvoll spielerische Haikai-Dichtung und erhoben sie in den Rang ernsthafter Literatur.

Die Struktur seiner Haiku spiegelt die Einfachheit seiner meditativen Lebensweise wider.

Quelle: Wikipedia 




Samstag, 22. Februar 2014

Assemblage






Assemblage____
zur Nacht berührt mich
der Duft von Schnee 


(assemblage -  / the smell of snow / at night)

Ramona Linke 






Foto, Haiku, Haiga: © Ramona Linke
Assemblage:  
Hochrelief oder dreidimensionaler Gegenstand, der aus einer Kombination verschiedener Objekte entstanden ist. (Duden)





Freitag, 21. Februar 2014

und wieder kein schnee






und wieder kein schnee
die amseln markier'n
ihr revier




(and again no snow / the blackbirds mark / their territory)


Peter Wißmann



(Übersetzung: Silvia Kempen)

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Aus nachrichten.freenet.de:


Gesang als akustische Reviermarkierung

"Hört alle her, das hier ist mein Garten!" - So oder ähnlich könnte man die Frühlingsgesänge des stattlichen Amselmännchens im Kirschbaum des Nachbarn in unsere Sprache übersetzen. Sämtliche männlichen Amseln in der näheren Umgebung vernehmen die Töne des schwarz gefiederten Sängers und halten mit eigenen Melodien dagegen, um ihrerseits Revieransprüche akustisch geltend zu machen. Natürlich kommt es zuweilen auch zu handfesten Raufereien zwischen zwei Amselmännchen, wenn sich eines zu weit in das akustisch abgesteckte Revier des anderen traut.

In der Mehrzahl der Fälle reichen die unsichtbaren Klangmauern aber aus, um die Artgenossen in ihrem jeweiligen Revier verweilen zu lassen. Wie der Gesang der einzelnen Vogelarten klingt, ist keineswegs zufällig. Entscheidend für die Tonhöhe ist unter anderem die Schnabelform. Aber auch die Umgebung der Vögel spielt bei den Variationen des arttypischen Gesangs eine Rolle: In Städten zwitschern Vögel anders als auf dem Land oder in Wäldern.