Dieses Blog durchsuchen

Dienstag, 30. September 2014

Stille Herbstschatten





 
Stille Herbstschatten -
im Steingarten die Drehung
der Erde spüren





(Silent shadows of fall - / sensing the earth's rotation / in my stonegarden)
 
Wolfgang Beutke




***************************************************************
 
 
 
 
 



Foto: © Silvia Kempen




Montag, 29. September 2014

Staatsgrenze






Staatsgrenze
nicht nur der Kranich
ist ohne Pass





(state border / not only the crane is / without a passport)

Kurt F. Svatek



***************************************************************



Der Kranich


Rauh ging der Wind, der Regen troff,
Schon war ich naß und kalt;
Ich macht' auf einem Bauerhof
Im Schutz des Zaunes halt.

Mit abgestutzten Flügeln schritt
Ein Kranich drin umher,
Nur seine Sehnsucht trug ihn mit
Den Brüdern übers Meer;

Mit seinen Brüdern, deren Zug
Jetzt hoch in Lüften stockt,
Und deren Schrei auch ihn zum Flug
In fernen Süden lockt.

Und sieh, er hat sich aufgerafft,
Es gilt erneutes Glück;
Umsonst, der Schwinge fehlt die Kraft,
Und ach, er sinkt zurück.

Und Huhn und Hahn und Hühnchen auch
Umgackern ihn voll Freud'; -
Das ist so alter Hühner - Brauch
Bei eines Kranichs Leid.

Theodor Fontane (1819-1898)
Aus der Sammlung Lieder und Sprüche





Sonntag, 28. September 2014

Hier entsteht








„Hier entsteht …“
Der alte Garten
noch ahnungslos





("Future home of ..." / The old garden / has no idea)

Eléonore Nickolay




(Übersetzung: Horst Ludwig)
***************************************************************






Foto: © Eléonore Nickolay






Samstag, 27. September 2014

Herbstspaziergang







Herbstspaziergang – 
in ihren Augen
noch der Sommer





(Autumn walk - / in her eyes / still the summer)

Friedrich Winzer




(Übersetzung: Silvia Kempen)
***************************************************************




Ein Genie lernt auf einem Spaziergang mehr als ein Tor auf einer Reise um die Welt.

Zitat von Johann Wolfgang von Goethe



 

Freitag, 26. September 2014

Wildgänse






Wildgänse ...
mein Konterfei fliegt
von Waggon zu Waggon






(brants ... / my portrait flies / from waggon to waggon)

Gabriele Hartmann




***************************************************************






Foto: © Gabriele Hartmann




Donnerstag, 25. September 2014

Schattenrosen






Schattenrosen —
die Morgenamsel
zerstückelt einen Wurm





(shadow roses – the morning blackbird / chops up a worm)

Ramona Linke




***************************************************************





An die Rose

Ewig trägt im Mutterschoße,
Süße Königin der Flur!
Dich und mich die stille, große,
Allbelebende Natur;

Röschen! unser Schmuck veraltet,
Stürm entblättern dich und mich,
Doch der ewge Kern entfaltet
Bald zu neuer Blüte sich.


Mittwoch, 24. September 2014

autumn breeze




autumn breeze
our words at the pond
meet and part




(Herbstbrise/ unsere Worte am Teich / treffen und trennen sich)

Simone K. Busch



***************************************************************





Foto: © Simone K. Busch




Dienstag, 23. September 2014

starry night





starry night
a warm breeze holds
our whispers





(sternennacht / ein warmes lüftchen hält / unser flüstern fest)

Heike Gewi




***************************************************************



In der Sternennacht

Es glänzen golden die Welten, so viele Millionen!
Unnennbar die Zahl der Wesen, die auf den Sternen wohnen!
Kein menschlich Sinnen wagt es, das All zu überdenken,
Noch des Allmächt'gen Größe, der's schaffen konnt und lenken!
Und hier auf diesem Staubkorn, so jämmerlich, so klein!
Auf diesem Königsneste so viele Noth und Pein!!
Zertrümm're, Herr des Himmels, den einen kleinen Stern!
Dein Sohn konnt' ihn nicht retten! verdorben ist sein Kern.
Gib Deinen guten Engeln, Allmächtiger, ein Fest,
Und stürz' vom Bau der Schöpfung dies alte Königsnest!

Adolf Glaßbrenner (1810-1876)
Aus der Sammlung Verbotene Lieder




Montag, 22. September 2014

Bergblick






Bergblick
zwischen vergilbten Seiten
Edelweiß





(mountain view / between yellowed pages / edelweiss)

Conny Hondt



(Übersetzung: Silvia Kempen)
***************************************************************






Foto: © Günter Havlena / pixelio.de



  

Sonntag, 21. September 2014

Septembersonntag






Septembersonntag,
Brise, mattere Farben,
so andere Zeit.





(September Sunday, / breeze, somewhat softer colors, / a different time) 

Horst Ludwig 



***************************************************************




Schon webt ins Grün mit leisen Farben

Schon webt ins Grün mit leisen Farben
Der Herbst die Mahnung später Zeit;
Die Schnitter bargen goldne Garben,
Und was wir lenzesfroh umwarben,
Es liegt so weit, so traumesweit.

Und doch, mein Herz, laß nicht das Hoffen,
Ist auch verbraust der Jugenddrang;
Noch steh’n dir treue Arme offen,
Und mancher hat das Glück getroffen
Auf einem stillen Abendgang.

Josef Huggenberger (1865 - 1938)
aus der Sammlung Im Rosenhag
 
 
 
 

Samstag, 20. September 2014

roher Regen






roher Regen
mein Blick in den blinden
Verkehrsspiegel





(raw rain / my look into the blind / traffic mirror)

Dietmar Tauchner





(Übersetzung: Silvia Kempen)
***************************************************************




Der Blinde

Niemanden kann ich sehn, auch mich sieht niemand an:
Wie viele Blinde seh ich armer, blinder Mann.

Gotthold Ephraim Lessing
(1729-1781)




Freitag, 19. September 2014

Regenguss






Regenguss
wir spielen Verstecken
unter seinem Mantel





(downpour / we play hide-and-seek / under his coat)

Petra Klingl 



(Übersetzung: Silvia Kempen)
***************************************************************




Auszählspruch beim Verstecken

Wir wollen uns verstecken
In eins, zwei, drei, vier Ecken.
Wir wollen uns verkriechen
Auf fünf, sechs, sieben Stiegen.
Wir wollen niederkauern
An acht, neun, zehen Mauern.

Und wollen uns nicht rühren,
Wenn wir den Häscher spüren.
Und sollt’s ihn auch verdrießen,
Lang’ wird er suchen müssen.
Der uns wird aber finden,
Ist neben dir da hinten.

Friedrich Wilhelm Güll (1812-1879)
Aus der Sammlung Kinderheimat





Donnerstag, 18. September 2014

Herbstliche Rast








Herbstliche Rast -
zwischen Absatz und Sohle
wandern Ameisen







(Autumnal rest - / between heel and sole / ants hiking)

Folker Doyé  (1947-2014)



(Übersetzung: Silvia Kempen)
***************************************************************

 


Ameisen

Einen kleinen Handelsstaat
Gibt´s in meinem Garten;
Überall geschäft´ge Tat,
Laufen, Rennen, Warten!

Handelsstraßen gehn durchs Land;
Lange Karawanen
Eilen fleißig durch den Sand
Auf gepflegten Bahnen.

Hier und dort und überall
Lauter kleine Neger;
Mühsam schleppt den Warenball
Pack- und Lastenträger.

Ingenieure gehn dem Zug
Schon voran ein Stücklein,
Schlagen übern Graben klug
Flink ein Reisigbrücklein.

Ein Revisor kommt spaziert
Halben Wegs entgegen,
Um die Bündel, fein sortiert,
Ins Depot zu legen.

Wenn es einem schwierig scheint,
Etwas fortzuschieben,
Transportieren es vereint
Sechse oder sieben.

Dieser schleppt ein Stückchen Holz,
Jener trägt ein Steinchen;
Und ein jeder scheint mir stolz
Auf die Kraft der Beinchen.

Talwärts lassen sie die Last
Einfach nieder rollen,
Weil sie doch, wenn´s just so passt,
Auch mal ruhen wollen.

Und das kribbelt, wibbelt, läuft
Aller End und Ecken;
Fleiß und Ordnung türmt und häuft
Wohlbedachten Zwecken.

Reich gesegnet vom Geschick,
Bürgerlich und friedlich,
Ist die kleine Republik
Wirklich gar zu niedlich.

Richard Zoozmann (1863-1934)





Mittwoch, 17. September 2014

Belemnit






Belemnit
aus der Wand des Kliffs
springt er mich an





(belemnite / out of the cliff face / it jumps at me)


Anna Würth




(Übersetzung: Silvia Kempen) 
***************************************************************






Bild: © Dieter Schütz / pixelio.de





Dienstag, 16. September 2014

böiger Wind






böiger Wind
der erzwungene Kunstflug
einer Elster





(gusts of wind / the forced aerobatics / of a magpie)

Klaus-Dieter Wirth




***************************************************************



Im Sturm


Der Sturm ist los, der Sturm ist los,
Und sauft und braust im Wald,
Hei, höret doch, wie sein Getos’
So frei und wild erschallt.

Juhei! der Sturm hat frischen Mut,
Den Sturm, den preis’ ich mir,
Es braust so wild in ihm die Glut
Gleichwie, o Herz, in dir.

Fort sauset er durch Wald und Feld,
Und kennt nicht Rast und Hast,
Er hat auf sich sein Heil gestellt,
Auf sich und seine Kraft!

Hei Sturm! hei Sturm! Du bist mein Mann,
Es krieche wer da will,
Sei noch so rauh und wild die Bahn,
Der Mut’ge kommt ans Ziel!

Johann Nepomuk Vogl (1802-1866)





Montag, 15. September 2014

as slow as possible






as slow as possible
Ewigkeit klingt
in die Zeit





(as slow as possible / eternity sounds / in the time)

Angelika Holweger 




(Übersetzung: Silvia Kempen)

***************************************************************






Foto: © Stefan Leupold / pixelio.de




Sonntag, 14. September 2014

Septemberrosen






Septemberrosen -
sorgfältig entferne ich
sämtliche Dornen






(september roses - / carefully I remove / all those thorns)

Eva Limbach 



***************************************************************



Die Rose

Ich habe den Traum der Rose belauscht,
der keusch vom kühlen Duft umsprüht
aus ihrer Blumenseele glüht;
ich hab ihn mit allen Sinnen belauscht
und mich berauscht.

Vom Sonnenstrahl hat sie geträumt,
der Tags in ihren Adern gährt,
sie Nachts mit Tau und Mondlicht nährt,
der wild für sie durchs Lufhneer schäumt,
damit sie träumt.

Doch von dem Goldkäfer weiß sie nicht,
der mühsam ihren Kelch erklimmt,
von ihrem Duft-betäubt sich krümmt,
den ihre rote Glut ersticht;
sie achtet’s nicht.

So prangt die Rose in keuscher Pracht
und freut sich ihrer Glut und lacht:
Ich habe die herrlichste Seele, Ich,
ich bin die Königin sicherlich
von meinen Blumenschwestern!

Und stahlblau kommt ein Falter geschwirrt
der ihr von Liebe surrt und girrt.
Dem haucht sie gnädig zu: laß ab,
,sonst wird mein glühender Schooß dein Grab,
ich bin die Braut des Lichtes!

Doch als der dritte Mittag kam,
seit ich den Traum der Rose vernahm,
da hing ihr königliches Haupt
im Sonnenglanz gebeugt, verstaubt,
vom heißen Licht erstochen.

Richard Dehmel (1863-1920)





Samstag, 13. September 2014

auf Pilzsuche






auf Pilzsuche
die Hände werden
blaubeerblau





(mushroom hunting / my hands are turning / blueberry blue)

Heike Gericke 



(Übersetzung: Silvia Kempen / Horst Ludwig)
***************************************************************






Foto: © Harry Hautumm / pixelio.de





Freitag, 12. September 2014

Windwurf






Windwurf -
in Wurzeln aufgehoben
die Steine





(Windthrow - / elevated in roots / the stones)


Susanne Jäggi




***************************************************************




Aus: Ein Sturm, Theodor Fontane (1819-1898), 3. Vers

Es ächzt und stöhnt der geschüttelte Wald -
Umsonst, ihn rettet kein Jammern!
Wie fest die Eiche sich klammert und krallt,
Zerbrochen werden die Klammern.
Und was von der Hand des Sturmes nicht fällt,
Das wird vom Speere des Blitzes zerspellt -
Tot liegen die Riesen des Waldes.




Donnerstag, 11. September 2014

white skyline






white skyline
reading the script
of swallows *





(weiße Skyline / lese die Schrift / der Schwalben)

Helga Stania


(Erstveröffentlichung: ahg September 2013)
***************************************************************

 
 
Die Schwalben

Die Schwalben halten zwitschernd
hoch auf dem Turme Rat;
die ält'ste spricht bedenklich:
"Der Herbst hat sich genaht.

Schon färben sich die Blätter,
die Felder werden leer;
bald tanzt kein einzig Mücklein
im Strahl der Sonne mehr.

Seid ihr zur Reise fertig?"
Die Alten zwitschern: "Ja!"
Die Jungen fragen lustig:
"Wohin?" - "Nach Afrika!"

Nun schwirrt es durch die Lüfte,
verlassen ist das Nest;
doch alle hält die Liebe
an ihrer Heimat fest.

Wohl ist's viel hundert Meilen
von hier bis Afrika;
doch, kommt der Sommer wieder,
sind auch die Schwalben da.

Julius Sturm (1816-1898)
 
 


Mittwoch, 10. September 2014

fallende Blätter






fallende Blätter -
wir hoffen noch 
auf ein Wunder





(falling leaves / we still hope / for a miracle) 


Cezar-Florin Ciobîcă



(Übersetzung: Silvia Kempen)
***************************************************************


Hoffnung


Hoffnung schlummert tief im Herzen, wie im Lilienkelch der Thau;
Hoffnung taucht, wie aus den Wolken, nach dem Sturm des Himmels Blau;
Hoffnung keimt, ein schwaches Hälmchen, auch aus nackter Felsenwand
Hoffnung leuchtet unter Thränen, wie im Wasser der Demant.

Schon so tausendfach betrog'nes, armes, schwaches Menschenherz,
Immer wendest du dich wieder gläubig trauend himmelwärts!
Wie Arachne unverdrossen täglich neue Netze spannt,
kreuzet auch durch ihre Fäden täglich rauh des Schicksals Hand.

Franz von Gaudy (1800-1840)




Dienstag, 9. September 2014

vor dem kraftwerk



vor dem kraftwerk
der tanz der wildgänse
über rheinauen



(in front of the power plant / the dancing of wild geese / above Rhine floodplains)

Peter Wißmann 



(Übersetzung: Silvia Kempen)
***************************************************************






Foto: © uberlet / pixelio.de





Montag, 8. September 2014

triefend vor Nässe






triefend vor Nässe
am Straßenrand allein
eine Sonnenblume





(dripping wet / alone at the roadside / a sunflower)

Barbara Meilinger



(Übersetzung: Silvia Kempen)
***************************************************************



Sonnenblumen 

Sonnenblumen schauen über die Gartenmauer,
Wie in goldenen Hauben Gesichter von Frauen.
Sie sehen aus goldgelben Krausen heraus
Hochaufgerichtet wie zur ewigen Dauer;
Wie Riesinnen, die Wache bei den Lauben stehen,
Bei den Sommerlauben von hochroten Bohnenblüten,
Drinnen Tisch und Bänke und Gedanken nicht vom Flecke gehen;
Wo die Worte sich hüten, und die Augen viel gestehen und groß aussehen
Wie die großgelben Blumen, die sich nach der Sonne drehen,
Wie die Blumen, die goldene Räder werden an Wagen,
Die mit den Verliebten durch den Sommerhimmel jagen
Und eitel Liebeswünsche tragen.



Max Dauthendey (1867-1918)






Sonntag, 7. September 2014

widerstand zwecklos






widerstand zwecklos -
auch buddhisten beugen sich
der kraft der steine





(resistance futile - / as well buddhists bow to / the power of stones)

Fried Schmidt




(Übersetzung: Silvia Kempen)
***************************************************************






Haiga: © Fried Schmidt




Samstag, 6. September 2014

küsse im wind






küsse im wind
am horizont
ein winziges segel





(kisses in the wind / at the horizon / a tiny sail)

Isabella Kramer



(Übersetzung: Silvia Kempen)

***************************************************************



Segelschiffe

Sie haben das mächtige Meer unterm Bauch
Und über sich Wolken und Sterne.
Sie lassen sich fahren vom himmlischen Hauch
mit Herrenblick in die Ferne.

Sie schaukeln kokett in des Schicksals Hand
Wie trunkene Schmetterlinge.
Aber sie tragen von Land zu Land
Fürsorglich wertvolle Dinge.

Wie das im Wind liegt und sich wiegt,
Tauwebüberspannt durch die Wogen,
Da ist eine Kunst, die friedlich siegt,
Und ihr Fleiß ist nicht verlogen.

Es rauscht wie Freiheit. Es riecht wie Welt. -
Natur gewordene Planken
Sind Segelschiffe. - Ihr Anblick erhellt
Und weitet unsre Gedanken.


Joachim Ringelnatz (1883-1934)




Freitag, 5. September 2014

Gewitterhimmel






Gewitterhimmel
die schneidende Stille
nach dem Streit





(thundery sky / pointed silence / after the dispute)

Birgit Schaldach-Helmlechner



***************************************************************






Foto: © neurolle - Rolf / pixelio.de




Donnerstag, 4. September 2014

Einkaufstaschen






Einkaufstaschen.
Ein verkrüppeltes Bein, gestreckt
ins Strömen.






(Shopping bags. / A crippled leg, stretched / into the stream.)

Volker Friebel



***************************************************************






Im Menschenstrom 

Da sah ich die Menge, verloren im Labyrinth
der Riesenstadt, sich wie einen Heerwurm schieben;
Gesichter wogen, auf denen die Angst geschrieben,
und die doch lächeln und schön im Schmerze sind.

Begegnen .. knixendes Vorüberwinden ..
Ein Freundlichkeitensagen mit Grübchenwangen ..
Umdrehn im Plaudern .. Und immer dazwischen das Bangen
der flackernden Augen, den Ausgang wiederzufinden.

O, Überschütten mit Worten, Sichkreuzen der Gespräche,
die das wunde Hirn herüber-, hinüberzerren ..
Ein Liebesblick, ein Traumlaut - da versperren
Gesichter Gesichte; und weiter wirbelt der Tanz der Oberfläche.

Und jeder möchte die Flucht der fiebernden Blicke,
die Blässe der Angesichte, die feuchte Röte
der Lippen vergessen und fühlt nur seine Nöte
über die Reden hinweg und Händedrücke.

Und hört gemartert rufen die Stimme der Seelen,
die draußen vor den Wällen zurückgelassen
trauern rings um den Irrgarten dieser Gassen
und zittern, Glück und Dasein zu verfehlen.

Nicht einem ist die Sehnsucht ganz verglommen:
in Weite aufzuatmen, sich hinauszuretten
in Waldesstille, mit der Seele zu verketten
sich wieder, mit der Fülle des Weltraums selig verschwommen.

Und die zu entfliehn der Einsamkeit und Leere
- ein flüchtiger Aufglanz selber - sich gewöhnen,
zu schaukeln in diesen Wogen, sah ich am meisten stöhnen,
wie abgeschlagne Häupter treiben auf dem Meere.

Leo Sternberg (1876 - 1937)
 
 
 
 

Mittwoch, 3. September 2014

Entspannter Tag







Entspannter Tag –
die Sonne dehnt die Zeit





(Relaxed day – / The sun stretches time)

Brigitte ten Brink



(Erstveröffentlichung: Gendai Haiku, Oktober 2013,  Ralf Bröker / Dietmar Tauchner)
 
***************************************************************





Haiga: © Brigitte ten Brink