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Samstag, 31. März 2018

Karwoche





Karwoche -
Stiefmütterchen am Grab unter
tausend Tropfen





(Holy Week - / Pansies at the grave under / a thousand drops)

Ellen Althaus-Rojas



(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Kunstart.net / pixelio.de




Freitag, 30. März 2018

Karfreitag





Karfreitag
das Gewicht
jener Worte





(Good Friday / the weight / of those words)

Angelika Holweger



(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Am Karfreitag
Die Sieben Creutz-Worte

(Nach der Singweise: Da Jesus an dem Creutze stund.)

1.
O Jesu, deine Sieben Wort,
Mit denen du am Creutze dort
Hast gute Nacht gegeben,
Die laß einst seelig führen fort
Auch mich aus diesem Leben.

2.
Laß mich vergeben meinem Feind
Und sterben aller Menschen Freund,
Von gutem Herzen bitten
Vor jeden der es bös gemeint.
Diß waren deine Sitten.

3.
Laß mich bestellen wol mein Haus,
Mein Gut den meinen theilen aus,
Versorgt sie hinterlassen,
Vorsorgen auch üm eine Klaus,
Den Leib ins Grab zufassen.

4.
Gib, daß nach deinem Paradeis
Im Ende meiner Lebensreis
Mög meine Seel verlangen.
Laß nach dem Tod am Himmelskreis
Mich als ein Sternlein prangen.

5.
Dein Geist mir schreyen helf im Tod:
Laß mich nit in der letzten Noht
Von Gott verlassen werden.
Der Tod mir ruffe als dein Bot
Gen Himmel von der Erden.

6.
Alsdann, wann meine Sünd in mir
Sich reget und mich dürst nach dir,
So laß mich nicht verzagen.
Tröst mich durch deinen Diener hier,
Laß mich die Noht ihm klagen.

7.
Kommt aller meiner Tage Nacht,
So laß mich dein »Es ist vollbracht«
Mit Freuden dir nachsprechen.
Gib mir auch, daß fein sanft und sacht
Mir Herz und Augen brechen.

8.
Den Geist, wann er nun reisen sol,
Dein Geist mir helf empfehlen wol
Zu deines Vaters Händen.
Die Seel dein Engel zu dir hol,
So kan ich seelig enden.

9.
Wann ich mit dir stimm also an,
Werd ich dir nach mich als ein Schwan
Gen Himmel können schwingen.
Laß, Jesu, auf der Todesbahn
Mich zu dem Leben dringen.

Sigmund von Birken (1626-1681)
Aus der Sammlung Geistliche Lieder




Donnerstag, 29. März 2018

Vor der Steinbrücke






Vor der Steinbrücke
jetzt ein zweiter Gedenkstein
hell im Märzregen






(At the stone bridge / now another memorial stone / bright in March rain)

Horst Ludwig




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Im März

Graublaue Nebel schleichen
Durch winterlich Gefild,
Graublaue Berge dämmern
Gleich blassem Traumgebild.

Der Regen rieselt leise
Im blätterlosen Wald,
Vom kühlen Wind das Flüstern
Aus dürren Zweigen hallt.

Dort droben zwitschert ein Vogel
Schüchtern sein kleines Lied –
Weiß nicht, ob Herbst, ob Frühling
Die stille Welt durchzieht.

Aus der Sammlung Erstes Wandern



Mittwoch, 28. März 2018

märzenbecher





märzenbecher
und in blau die vermisste
schneeschaufel





(spring snowflake / and in blue the missing / snow shovel)

Sonja Raab



(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © dinolino / pixelio.de




Dienstag, 27. März 2018

über Nacht





über Nacht
verschwunden
die Krokuswiese





(over night / disappeared / the crocus meadow)

Andrea D'Alessandro


 
(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Über Nacht

Über Nacht, über Nacht
kommt still das Leid,
Und du bist erwacht,
O traurige Zeit!
Du grüßest den dämmernden Morgen
Mit Weinen und Sorgen.

Über Nacht, über Nacht
Kommt das stille Glück,
Und du bist erwacht,
O selig Geschick!
Der düstere Traum ist zerronnen
Und Freude gewonnen.

Über Nacht, über Nacht
Kommt Freud und Leid,
Und eh du's gedacht,
Verlassen dich beid'
Und gehen, dem Herren zu sagen,
Wie du sie getragen.

Julius Sturm (1816-1896)




Montag, 26. März 2018

im Gedränge





im Gedränge
die alte Bahnhofsuhr
steht still




 (in the crowdthe old / station clock / stands still)

Silvia Kempen




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Foto: © Rolf Handke / pixelio.de




Sonntag, 25. März 2018

Palmprozession




Palmprozession -
der leere Himmel
über Jerusalem



(Palm Procession - / the empty sky / above Jerusalem)
Eva Limbach



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Palmsonntag

Zu Sonnentag der Palmen,
Du bist so hehr und schön,
Dich grüßen die jungen Halmen,
Die grünend auferstehn.

Am Sonnentag der Palmen
Naht mir der Erinnrung Schmerz,
Und will mein Herz zermalmen,
Doch standhaft ist mein Herz.

Am Sonnentag der Palmen
Schwur ihr Mund mir ewige Lieb',
Und ich jauchzt' in die Feierpsalmen, -
Und ich weiß nicht, wo sie blieb?
Ludwig Bechstein (1801-1860)



Samstag, 24. März 2018

Leises Plätschern





Leises Plätschern
das Mondlicht im See
zerfällt




(Soft rippling / the moonlight in the lake / decays)

Birgit Heid




(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Mondlicht

Wie liegt im Mondenlichte
Begraben nun die Welt;
Wie selig ist der Friede,
Der sie umfangen hält!

Die Winde müssen schweigen,
So sanft ist dieser Schein;
Sie säuseln nur und weben
Und schlafen endlich ein.

Und was in Tagesgluten
Zur Blüte nicht erwacht,
Es öffnet seine Kelche
Und duftet in die Nacht.

Wie bin ich solchen Friedens
Seit lange nicht gewohnt!
Sei du in meinem Leben
Der liebevolle Mond!

Theodor Storm (1817-1888)
 
 
 
 

Freitag, 23. März 2018

Balkonkehren






Balkonkehren -
eine Assel flieht
vor dem Besen




(Cleaning the balcony / a beetle flees / before the broom)

Brigitte ten Brink




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Foto: ©  Florentine / pixelio.de




Donnerstag, 22. März 2018

clear spring night





clear spring night
a silver crescent rising
vulcano





(Klare Frühlingsnacht. / Eine silberne Sichel / den Vulkan hinauf.)

Beate Conrad 




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Frühlingsnacht

Auf den stillen Feldern träumt das Mondlicht
seinen weißen Traum und küßt die Blumen,
bis sie blaß und blässer werden. Silbern
glänzt der Teich im Tann; wie schneeige Schleier,
die versteckte Nixen von sich streifen,
blitzts auf seiner spiegelklaren Fläche.

Weiße Rauche dampfen aus den Thalen,
wo der Armut Hütten lichtverklärt sind
und vertraute Grüße lautlos wechseln
mit des kleinen Kirchhofs niedern Kreuzen ..

Weißer Friede, weißer weicher Friede ...

Maria Janitschek (1859-1927)



Mittwoch, 21. März 2018

Wasseramsel





Wasseramsel
ein Stein beginnt
zu zwitschern




(dipper / a stone begins / to chirp)
Ilse Jacobson
 
 
 
 
(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Peashooter / pixelio.de



Dienstag, 20. März 2018

gebrochenes Eis





gebrochenes Eis
das Mühlrad dreht sich wieder
Licht in den Schaufeln*




(broken ice / the mill's wheel's turning again / light in the blades)

Horst-Oliver Buchholz




*(Erstveröffentlichung: Kukai 2012 der DHG)
(Übersetzung: Horst Ludwig)
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Das Mühlrad

Das Rad, wie sichs hebt
Mit wuchtigen Hieben!
Es scheint belebt -
Und es wird nur getrieben.

Die strömende Welt
Geht drüber im Schwalle:
Das funkelt und fällt -
So narrt es uns alle.

Wie blitzt es und blinkt
Im Perlengetraufel!
Doch sinkt es und sinkt
Von Schaufel zu Schaufel,

Bis fließend verging
Ein Lasten, ein Freuen,
Des Rades Ring
Sich neigt einem Neuen.

Schau', wie sichs dreht!
Das Ding ist heiter -
Es geht und geht,
Und kommt doch nicht weiter.

Wir wollen hinauf
In höhere Sphären -
Und wollen im Lauf
Zur Erde doch kehren,

Im Siegerglanz
Ein Herz uns erstreben,
Nur, um uns dann ganz
Dem Herzen zu geben;

Wir wollen ein Gut,
Das reichste der Sonnen,
Und lassen der Brut
All' was wir gewonnen:

Wir wollen das Glück
In Zukunftsweiten -
Und wollen zurück
In die Kinderzeiten!

Wir wollen? es will -
Wer weiß, ob wir wollen?
Wir stünden wohl still!
Doch die Wasser rollen.

Hanns von Gumppenberg (1866-1928)




Montag, 19. März 2018

des wassers blick





des wassers blick
aus dem talgrund
── lichte stunde
*




(the water’s glance / from the valley floor / ── bright hour)**

Helga Stania




*(Erstveröffentlichung: VerSuch Mai2015)
**(Erstveröffentlichung: ahg 5.1 / Dezember 2015)
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Foto: © Uwe Wagschal / pixelio.de




Sonntag, 18. März 2018

einen Stein




einen Stein
hebt er – und reicht ihn weiter
mit beiden Händen




(he raises / a stone – and passes it on / with both hands)

Gabriele Hartmann
 
 
 
 
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Der Stein

Liebe schläft im kleinsten Stein.
Schaust du ihn mit großem Blick,
Kommt er in dein Herz hinein
Und enthüllt dir sein Geschick.
 
Emanuel von Bodmann (1874-1946)




Samstag, 17. März 2018

scharf beobachtet





scharf beobachtet
vom Fuchs - der rote Zug
in der Schneelandschaft





(closely watched / by a fox - the red railcar / in the snow)

Gérard Krebs




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Foto: © Achim Wurst / pixelio.de




Freitag, 16. März 2018

Pax





Pax
am Himmel
ein Regenbogen




(Pax / in the sky / a rainbow)
Elke Bonacker
 
 
 
 
(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Elke Bonacker




Donnerstag, 15. März 2018

Am Donaustrand





Am Donaustrand.
Ein Papierschiff
kommt angeschwommen.




(On the Danube beach. / A paper ship / comes swum on.)

Volker Friebel




(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Das Schiff

Das eilende Schiff, es kommt durch die Wogen
Wie Sturmwind geflogen.
Voll Jubel ertönt’s vom Mast und vom Kiele:
"Wir nahen dem Ziele."
Der Fährmann am Steuer spricht traurig und leise:
"Wir segeln im Kreise."

Marie von Ebner-Eschenbach (1830-1916)
 
 
 
 

Mittwoch, 14. März 2018

schlaflos





schlaflos -
Mondschatten
zwischen dir und mir





(sleepless - / moon shadow / between you and me)





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Foto: © Dieter Schütz / pixelio.de




Dienstag, 13. März 2018

eine Stimme





eine Stimme
aus der Vergangenheit ...
Tauwetter






(a voice / from the past ... / thawy weather)

Cezar-Florin Ciobîcă




(Übersetzung: Horst Ludwig / Silvia Kempen)
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Die Stimme

Eine junge Mutter singt
eintönig ihrem Kind,
ihr Sinn in ferne Zeiten rinnt,
voraus, zurücke dringt, -
und mit dem Liede spielt der Wind ...

und trägt's zu mir,
und trägt's zu dir,
dass es uns selber rührt und regt,
als säng' sie's dir,
als säng' sie's mir,
und laut in uns das Herze schlägt, -
als säng', was wir geworden sind,
die Mutter dort eintönig
zum Wiegen in den Wind.

Christian Morgenstern (1871-1914)
Aus der Sammlung Ein Sommer



Montag, 12. März 2018

Nachts der Sturm






Nachts der Sturm ...
auf der Straße liegt ein Ast
mit ersten Knospen




(At night the storm ... / there is a branch in the street / with first buds)

Gerd Börner




(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Im Frühlingssturm

Du kahler, knospenstraffer Baum,
Du Baum im Sturm, - mit einem Mal,
Aufwachend wie aus schwerem Traum,
Begriff ich heute deine Qual!

Die dumpfe Qual, die dich zerreißt,
Die jede Faser in dir spürt, - - -
Die Qual, von der du noch nicht weißt,
Dass sie zu neuem Blühen führt!

Frida Schanz (1859-1944)
Aus der Sammlung Zweiter Teil. 1890-1896.




Sonntag, 11. März 2018

Duftpotpourri





Duftpotpourri
dazu möcht ich
Walzer tanzen




(potpourri of fragrances / in that I'd like to / dance a waltz)
Christa Beau
(Übersetzung: Horst Ludwig)
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 Foto: © Didi01 / pixelio.de

Samstag, 10. März 2018

Morgendämmerung





Morgendämmerung
Das helle Lied der Amsel
lässt mich nicht mehr los.




(dawn / the blackbird's clear song / doesn't release me)

Georges Hartmann




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Amsel vorm Fenster

Amsel auf dem höchsten Ast,
Unsres Fensters früher Gast,
Singst den hellen Morgen ein,
Sollst uns willkommen sein!

Flötest wieder frühlingsfrisch:
»Macht, ich bitt euch, reinen Tisch
Heut mit allem, was noch drückt –
Welt wird zur Lust geschmückt.

Himmel hat so warmes Blau,
Will euch taufen, Mann und Frau,
Hebt die Augen, Frau und Mann,
Schaut euch den Himmel an!«

Amsel auf dem höchsten Ast,
Was du helle Botschaft hast!
Lieber kleiner Tröster du,
Zwei hören gern dir zu!

Karl Henckell (1864-1929)








Freitag, 9. März 2018

eisiger Märzwind





eisiger Märzwind
mit ausgestreckter Hand
dem Hut hinterher ...





(icy March wind / with outstretched hand / behind the hat ...)

Christof Blumentrath




(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Rike / pixelio.de




Donnerstag, 8. März 2018

Noch Wintersonne





Noch Wintersonne
auf der Palette mischt sie
gelb und blau






(still winter sun / on the palette she mixes / yellow and blue)

Annette Grewe




(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Wintersonne

So innig kann der Frühling nicht
Mit seinem Pfeifen und Singen,
Mit seinem tausendfarbigen Licht
Die tiefste Brust durchdringen,
Als wenn am trüben Wintertag
Inmitten starrer Trauer
Die Sonne kurz vor dem Vesperschlag
Durchbricht den Wolkenschauer.

Wenn sie so purpurglühend scheint
Über die kahlen Weiden,
Als hätte sie rot die Augen geweint
Während dem langen Meiden,
Und wollte doch schnell nun, eh' die Nacht
Sie wieder soll umschließen,
All ihre vielgeliebte Pracht
Verdoppelt niedergießen.

O, dann eröffnen sich zumal
Die Herzen allerwegen
Und schlagen alle dem Einen Strahl
In sehnender Lust entgegen;
Und Lenzesbeben und Sommerglück
Und herbstliche Todeswonne.
Wehmütig lächeln sie all zurück
Im Schimmer dieser Sonne.

Drum kann der Frühling selber nicht
Mit seinem Pfeifen und Singen,
Mit seinem tausendfarbigen Acht
So tief die Brust durchdringen,
Als wenn am trüben Wintertag
Inmitten starrer Trauer
Die Sonne kurz vor dem Vesperschlag
Durchbricht den Wolkenschauer.

Otto Baisch (1840-1892)