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Montag, 31. August 2015

Die Sommerwiese





Die Sommerwiese 
zwischen den Blumen das Wort 
unberührt*




(The summer meadow / among flowers the word / unaffected)

Heinz Schneemann



(Übersetzung: Silvia Kempen)
*(Facebook-Gruppe haiku-like, prompt-Thema vom 30.06.2015: Sommerblumen)
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 Foto: © Susanne Richter / pixelio.de




Sonntag, 30. August 2015

Stille






Stille.
Im Flügelschlag der Wespe
stiebender Staub.




(Silence. / In the wing beat of the wasp / scattering dust.)

Volker Friebel



(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Stille

Weil Glück und Trost des Seins
Einfalt und Stille sind,
So wünsch‘ ich nur noch eins:
Zu werden wie ein Kind.
Und würd‘ ich es am Ende
Nach all dem müden Streit,
So geb ich dir die Hände
Für Zeit und Ewigkeit.

Ernst Goll (1887-1912)
Aus der Sammlung Im bitteren Menschenland. Nachgelassene Gedichte.




Samstag, 29. August 2015

erster Schultag





erster Schultag
in meiner Manteltasche
ihre kleine Hand




(first day of school / in my overcoat pocket / her little hand)

Christof Blumentrath



(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © rupert illek / pixelio.de



Freitag, 28. August 2015

unter all den Rosen





unter all den Rosen
eine Lichtnelke





(among all the roses / a campion)

Ralf Bröker


 
(Übersetzung: Silvia Kempen)
*(Facebook-Gruppe haiku-like, prompt-Thema vom 30.06.2015: Sommerblumen) 
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Licht

Licht, vom Himmel flammt es nieder,
Licht, empor zum Himmel flammt es;
Licht, es ist der große Mittler
Zwischen Gott und zwischen Menschen;
Als die Welt geboren wurde,
Ward das Licht vorangeboren,
Und so ward des Schöpfers Klarheit
Das Mysterium der Schöpfung;
Licht verschießt die heil’gen Pfeile
Weiter immer, Lichter immer,
Ahriman sogar, der dunkle,
Wird zuletzt vergehn im Lichte.

August von Platen (1796-1835)




Donnerstag, 27. August 2015

Sommer-Cocktail





Sommer-Cocktail
Wie ist das Rezept
für Glück?




(Summer cocktail / What is the recipe / for happiness?)

Elèonore Nickolay 




(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Elèonore Nickolay
 
 
 
 
 

Mittwoch, 26. August 2015

Summer slowing down




Summer slowing down.  
Even God travels for once
anonymously.




(Sommereintrübung. / Auch der liebe Gott reist mal / eher anonym.)

Beate Conrad



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Gott sieht Niemand als Gott

Wer Gott will sehn, der muss in Gottes Wesen steigen:
Denn Gott will sich bloß Gott sonst keinem Dinge zeigen.

Daniel Czepko von Reigersfeld (1605-1666)










Dienstag, 25. August 2015

Kleeblütenduft​





Kleeblütenduft​
die Tür der Wallfahrtskirche
abgeschlossen




(scent of clover flowers / the door of the pilgrimage church / closed)

Silvia Kempen



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Der Besuch

Oft des Tags und oft des Abends
Wall’ ich an das Ziel der Sehnsucht,
Aus der Stadt durchtobten Straßen
In der Vorstadt still’re Welt.

Ueber unsres Stromes Brücke
Zieh’ ich hin mit raschem Schritte,
Wie ein Geist so still und schweigsam
Durch den lärmend lauten Schwarm.

Und dann rechts? – ach nein, zur Linken!
Seht, kaum weiß ich mehr es selber;
Dann grad fort? – ach nein, zur Rechten,
Um die Ecke rasch gewandt!

Seltsam! – ging ich nie doch irre
Auf der schönen heil’gen Wallfahrt;
Dennoch, Freunde, kann ich nimmer
Künden euch den Weg dahin.

Kann kein Häuschen an der Straße
Zeichnen euch mit sichern Händen.
Also kennt man wohl die Sterne,
Aber nicht den Weg dahin!

Anastasius Grün (1808-1876)
Aus der Sammlung Blätter der Liebe





Montag, 24. August 2015

Fuge für Orgel





Fuge für Orgel
der Flaum des Löwenzahns
unter Heiligen




(fugue for organ / the fluff of dandelions / among saints) 
 
Cezar-Florin Ciobîcă
 
 
 
(Übersetzung: Silvia Kempen)
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 Foto: © Erich Westendarp / pixelio.de




Sonntag, 23. August 2015

Sommervögel





Sommervögel
die laue Luft riecht jetzt
schon nach Aufbruch




(summerbirds / the balmy air already smells now / like departur) 

Birgit Schaldach-Helmlechner



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Wallfahrt

Einmal nahm, an schönem Morgen,
Uns die gute Mutter mit
Auf die Wallfahrt, weil von Sorgen
Wohl ihr Mutterherz dort litt.

O, sie mocht' es uns nicht sagen,
Was sie drückte zentnerschwer.
Und wir hörten nie sie klagen,
Daß die Welt voll Elend wär'.

Und so traten denn wir Buben
Hochvergnügt die Wallfahrt an,
Sprangen lustig aus den Stuben:
Denn uns hat nichts wehgetan.

Und für mich war's doppelt Freude,
Weil ich dort aus Dorf und Tal
Auszog in die Welt, die weite,
Ach, das aller erste mal.

Vor dem Dorf denn freudetrunken
Schwelgt' ich erst im Sonnenglanz,
Dann noch halb ins Schau'n versunken
Griff ich nach dem Rosenkranz.

Doch das Beten mit den andern
Wollte heute gar nicht geh'n,
Mitten drin im Weiterwandern
Mußt ich mir die Welt beseh'n.

Schweigsam ging ich und gelassen
Hinter allen andern drein:
Konnt' es nicht zusammenpassen,
Rosenkranz und Sonnenschein.

Drum als wir zur Kirche kamen,
Drin' die Mutter Gottes wacht',
Hatt' ich halt in Gottes Namen
Noch nicht viel zu Weg gebracht.

Fühlend vor dem Gnadenbilde,
Daß mein Zünglein neu sich lös',
Sah ich auf und bat die Milde:
"Mutter Gottes, sei nicht bös!" —

Auf dem Heimweg war ich braver,
Pflückt' der Mutter einen Strauß.
Sommervögel, Maienkäfer
Bracht' ich freilich auch nach Haus.

Müd' der Wallfahrt und des Weges
Zogen wir zur Heimat ein.
Bei dem Dorfbach, trotz des Steges,
Patscht' ich durch das Wässerlein.

Kaum zu Hause angekommen.
Unser Kleeblatt schon sich stritt.
Hab' den Schiedsspruch noch vernommen:
"Bürschlein, ihr dürft nicht mehr mit!"

Heinrich Gassert (1857-1928)
Aus der Sammlung Heimatstrauß




Samstag, 22. August 2015

Hinter dem Maisfeld





Hinter dem Maisfeld
nur noch die Köpfe
der Spaziergänger.




(Beyond the corn field / only the heads / of the walkers.)
Susanne Effert



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Foto: © Petra Dirscherl / pixelio.de




Freitag, 21. August 2015

Wie immer wieder





Wie immer wieder
die Lerche weiterflattert
frisch in ihrem Lied!




(The skylark flutters / again and again upwards/
fresh in its song!)

Horst Ludwig



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Die Lerche

1

Ich kann hier nicht singen,
Aus dieser Mauern dunklen Ringen
Muß ich mich schwingen
Vor Lust und tiefem Weh.
O Freude, in klarer Höh
Zu sinken und sich zu heben,
In Gesang
Über die grüne Erde dahin zu schweben,
Wie unten die licht' und dunkeln Streifen
Wechselnd im Fluge vorüberschweifen,
Aus der Tiefe ein Wirren und Rauschen und Hämmern,
Die Erde aufschimmernd im Frühlingsdämmern,
Wie ist die Welt so voller Klang!
Herz, was bist du bang?
Mußt aufwärts dringen!
Die Sonne tritt hervor,
Wie glänzen mir Brust und Schwingen,
Wie still und weit ists droben am Himmelstor!


2

Ich hörte in Träumen
Ein Rauschen gehn,
Und sah die Wipfel sich säumen
Von allen Höhn –
Ists ein Brand, ists die Sonne?
Ich weiß es nicht,
Doch ein Schauer voll Wonne
Durch die Seele bricht.
Schon blitzts aus der Tiefe und schlagen
Die Glocken und schlängelnder Ströme Lauf
Rauscht glänzend her,
Und die glühenden Berge ragen
Wie Inseln aus weitem dämmernden Meer.
Noch kann ich nichts sagen,
Beglänzt die Brust,
Nur mit den Flügeln schlagen
Vor großer selger Lust!

Joseph Freiherr von Eichendorff (1788-1857)
Aus der Sammlung Frühling und Liebe




 

Donnerstag, 20. August 2015

Daruma





Daruma –
die Sommernacht
in die Tusche rühren




(Daruma - / stirring the summer night / into the ink)

Friedrich Kelben



(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Daruma:


Foto: © Friedrich Kelben




Mittwoch, 19. August 2015

irgendwo Glockenblumen





irgendwo Glockenblumen -
dem Geläut der Stille
folgen




(somewhere bluebells - / follow / the peal of stillness)

Ilse Jacobson



(Übersetzung: Silvia Kempen)
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1. Strophe:

Das Lied von der Glocke




Vivos voco
Mortuos plango
Fulgura frango




Fest gemauert in der Erden
Steht die Form, aus Lehm gebrannt.
Heute muß die Glocke werden.
Frisch Gesellen, seid zur Hand.
Von der Stirne heiß
Rinnen muß der Schweiß,
Soll das Werk den Meister loben,
Doch der Segen kommt von oben.
 
Friedrich Schiller (1759-1805)
 
 
 


Dienstag, 18. August 2015

nostos





nostos*
der Pfad zwischen den Gärten
irgendwo hier -




(nostos* / the path between the gardens / somewhere here -)

Christof Blumentrath 



(Übersetzung: Silvia Kempen)
*(nostos: das griechische Wort für nach Hause kommen / the Greek word for homecoming)
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Foto: ©  Rainer Sturm / pixelio.de




Montag, 17. August 2015

alter Teich





alter Teich ... 
noch einmal werfe ich
die goldne Kugel 





(old pond ... / once again I throw / the golden ball)

Gabriele Hartmann 



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Auszug aus "Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich (1812)":




„Königstochter, jüngste,
mach mir auf,
weiß du nicht was gestern
du zu mir gesagt
bei dem kühlen Brunnenwasser?
Königstochter, jüngste,
mach mir auf.“ 



 

Sonntag, 16. August 2015

Strandpromenade





Strandpromenade -
fliegende Händler flirten
mit ihren Smartphones




(beach promenade - / some hawkers coquetting / with their smartphones)

Eva Limbach 



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Foto: © Rainer Sturm / pixelio.de




Samstag, 15. August 2015

Düsenjet






Düsenjet 
ein Glühwürmchen im 
Abendsonnenlicht




(jet-plane / a firefly / in the sunset)

Brigitte ten Brink
 
 
 
(Erstveröffentlichung: Chrysanthemum, April 2013)
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Dein Ringlein

Ein Glühwürmchen tanzt in meiner Nacht,
Es ist meines Ringleins Aug' von Smaragd,
Das leuchtet so funkelgrün.

Ein Fünkchen nur, das meine Nacht durchglänzt,
Doch ein Fünkchen, das eine Welt umgrenzt,
Den Himmel und ihn und ihn.

Leo Sternberg (1876-1937)
Aus der Sammlung Mein Glück




Freitag, 14. August 2015

Bankgeheimnis





Bankgeheimnis
vergangene Nacht
das Liebespaar 




(banking secrecy / last night / the loving couple)

Chris David



(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Chris David




Donnerstag, 13. August 2015

Tagesneige






Tagesneige 
die Sonne zieht den Schatten
den Berg hinauf




(Dwindling day / the sun drags the shadow / uphill)

Friedrich Winzer



(Übersetzung: Beate Conrad)
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Schatten

So lang auf meiner Wanderschaft
Der Sonn‘ entgegen ich gegangen,
Schien mir, geblendet von dem Glanz,
Die Welt in lauter Licht zu prangen.

Im Rücken längst steht das Gestirn,
Des‘ Strahlen mich betrogen hatten;
Und wo ich einst nur Licht gesehn
Da wachsen mehr und mehr die Schatten.

Ernst Scherenberg (1839-1905)
Aus der Sammlung Stimmungen




Mittwoch, 12. August 2015

auf dem Strohturm




auf dem Strohturm
des Falken scharfer Blick
zum Haus des Dichters 




(on the straw tower / the hawk's sharp sight / to the House of the Poet)
 
Ruth Karoline Mieger



(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Carlosh von Irmer / pixelio.de




Dienstag, 11. August 2015

Nachthimmel






Nachthimmel     über uns     unter uns





(night sky    above us    below us)

Claudia Brefeld

(Erstveröffentlichung: Haiku-heute April 2015)
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Nachthimmel und Sternenfall

Der Himmel, groß, voll herrlicher Verhaltung,
in Vorrat Raum, ein Übermaß von Welt.
Und wir, zu ferne für die Ausgestaltung,
zu nahe für die Abkehr hingestellt.
Da fällt ein Stern! Und unser Wunsch an ihn,
bestürzten Aufblicks, dringend angeschlossen:
Was ist begonnen, und was ist verflossen?
Was ist verschuldet? Und was ist verziehn?

Rainer Maria Rilke (1875-1926)