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Donnerstag, 31. Dezember 2015

Winternacht





Winternacht – die Welt ein schwarzes Loch*




(Winter night - the world a black hole)



Brigitte ten Brink



*Erstveröffentlichung: verSuch gendai-haiku Januar 2014 
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Foto: © Silvia Kempen




Mittwoch, 30. Dezember 2015

Rauhnacht





Rauhnacht
der Wind ballt Wolken
zu Geschichten*




(Twelvetide / the wind clenches clouds / to stories)

Elke Bonacker



*Erstveröffentlichung. www.haiku.de 05.01.2014
(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Stefanie Salzer-Deckert / pixelio.de




Dienstag, 29. Dezember 2015

wie der sturm heut braust





wie der sturm heut braust -
kaum noch blätter
am alten kalender





(how the storm roars today / hardly any leaves / on the old calendar)

Isabella Kramer



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Mein Kalender

Zu unsrer Zeit gibt's mehr Kalender
Als Tag' in einem Jahre sind.
Für alle Klassen, alle Stande,
Für Mann und Frau, für Greis und Kind
Sind solche Büchlein zu bekommen,
Groß, klein, dick, dünn, mit-, ohne Zier.
Ich kann von allen keinen loben
Und mache meinen eignen mir.

Die Jahreszeiten werd' ich theilen,
So wie mir's gut dünkt, und mich's freut.
Den Frauen geb' ich langen Frühling,
Den Männern lange Sommerszeit;
Für Dichter, die von Blüthen schreiben
So lang ihr Kiel sich nur bewegt,
Laß ich 'nen schönen Herbst erscheinen,
Wo jede Blüthe Früchte trägt.

Für Böse ist es immer Winter
Im Blute so wie in der Zeit,
Für Gute hab' ich keine Kälte,
War' auch ihr Kopf schon weiß beschneit,
So ginge Jahr für Jahr vorüber
Nach einem eignen Gesetz;
Der Dumme würde immer älter
Und der Vernünfr'ge jünger stets.

Vom Thierkreis will ich gar nichts wissen,
Was ihr auch von dem Einfluß sprecht;
Ist einer in der Wag' geboren,
So ist er drum noch nicht gerecht.
Mein Himmel kennet keine Bilder,
Die uns die Zukunft prophezeien;
Die Jungfrau ist mir viel zu selten,
Der Capricornus zu gemein.

Das Wetter unfehlbar verkünden
Kann Keiner, der Kalender macht;
Doch so viel darf ich prophezeien:
Daß Weisen stets die Sonne lacht,
Daß es bei Dummen finster bleibet,
Daß manche Ehen neblig sind,
Daß unsere Autoren sicher
Viel Trock'nes machen und viel Wind.

Nicht jeder Tag bringt einen Heil'gen
In meinem Almanach Euch dar,
Nur Bachus, Phobus, Komus, Amor,
Die theilen sich ins ganze Jahr,
Die sollt ihr immerfort verehren,
Sollt, was der Beutel nur vermag,
Stets lieben, trinken, scherzen, singen,
Ein Feiertag sei jeder Tag.

Der Mondeszeiger, Sonnenzirkel,
Die Römerzinszahl, und sodann
Der Sonntags-Buchstab und die Viertel
Die geh'n mich einmal gar nichts an; —
Nur Finsternisse lass" ich gelten,
Die treten auch ganz sicher ein,
So oft ein Liebespaar sich findet
Und wünschet ungeseh'n zu seyn.
Den Tag den Leuten vorzumessen,
Das find' ich wahrlich sehr verkehrt,
Ein Jeder weiß wohl selbst am besten,
Ob er ihm kurz, ob lange währt;
Der Tage kürzester ist jener,
Den man im Frohsinn hingebracht,
Und für zwei Gatten, die sich hassen,
Ist jede Nacht die längste Nacht.

Ignaz Friedrich Castelli (1781 bis 1862)


Montag, 28. Dezember 2015

mein atem





mein atem
auf dem weg zu dir
hält inne*




(my breath / on the way to you / pauses)

Ralf Bröker



*Erstveröffentlichung: haiku-like: 10.12.13 prompt: Winterpause
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Das Atem-Gedicht aus den "Sonetten an Orpheus"

Atmen, das unsichtbare Gedicht!
Immerfort um das eigne
Sein rein eingetauschter Weltraum. Gegengewicht,
in dem ich mich rhythmisch ereigne.

Einzige Welle, deren
allmähliches Meer ich bin;
sparsamstes du von allen möglichen Meeren, -
Raumgewinn.

Wieviele von diesen Stellen der Räume waren schon
innen in mir. Manche Winde
sind wie mein Sohn.

Erkennst du mich, Luft, du, voll noch einst meiniger Orte?
Du, einmal glatte Rinde,
Rundung und Blatt meiner Worte.


Rainer Maria Rilke (1875-1926)




Sonntag, 27. Dezember 2015

weihnachten





weihnachten
der himmel ist blau 
eingepackt




(christmas / the sky is blue / wrapped)

René Possél



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 Foto: © Erika Grazilis / pixelio.de




Samstag, 26. Dezember 2015

Music of the night





Music of the night
between the seraphim wings
long expired light





(Musik einer Nacht / zwischen Seraphimflügeln / lang verfallnes Licht)

Beate Conrad



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Die Musik

Was ist Musik? ... Ein stolzes Meer von Tönen,
Das vor der Gottheit Thron sich fernhin breitet
Und in der klaren Tiefe kühn sich weitet,
Durchglüht vom Strahl des Hohen und des Schönen.

Durchgeistigt ist's vom Zauber der Kamönen,
Der reizend durch die Silberwellen gleitet
Und jeden, der am Strand vorüberschreitet —
Wenn er nur will — mit hoher Lust wird krönen.

Das ist Musik. So lieben wir sie alle,
Weil sie vom Niedrigen zur Höhe zieht
Und Wunder kündet denen, die da hören.

Sie strebt nicht, daß sie aller Welt gefalle, —
Sie will umworben sein! Ihr hohes Lied
Erklingt nur jenen, die ihr zu gehören.

Theodor Souchay (1833-1903)




Freitag, 25. Dezember 2015

Winterabend






Winterabend ... 
im Pendel der Wanduhr 
schaukelnde Lichter




(Winter evening … / on the pendulum wall clock / swaying lights)

Friedrich Winzer



(Übersetzung: Beate Conrad)
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 Foto: © siepmannH / pixelio.de




Donnerstag, 24. Dezember 2015

mildes Wetter





mildes Wetter -
der Weihnachtsbaum geschmückt
in Eisfarben




(mild weather - / the Christmas tree decorated / in ice colors)

Silvia Kempen




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Allen Autoren, die auf Tageshaiku vertreten sind, sowie allen Lesern ein frohes Weihnachtsfest und ein großes Dankeschön!
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Weihnacht

Wenn in den ersten blauen Abendtraum
Mit süßem Klang die Feierglocken läuten,
Entzünden wir an unserm Weihnachtsbaum
Die hundert Lichter, die das Glück bedeuten.

Doch einer Kerze andachtvolles Licht
Lass uns den Göttern weihen und vertrauen,
Das sie aus ihrer sel’gen Höhe nicht
Mit Neid auf diese milde Stunde schauen.

Dann sehn wir schweigend in den hellen Glanz
Und wagen nicht, die Hände uns zu reichen.
Dein Aug‘ ist feucht. Und ich beginne ganz,
Ganz leise dir das liebe Haar zu streichen.

Ernst Goll (1887-1912)
Aus der Sammlung Im bitteren Menschenland. Nachgelassene Gedichte.