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Sonntag, 30. April 2017

nach schnee im april





nach schnee im april
volle blüte übertag
sturzgeburt




(after snow in april / full bloom over day / precipitate delivery)

Sylvia Bacher




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Foto: © Hermann Eberhardt / pixelio.de




Samstag, 29. April 2017

Nach dem Picknick






Nach dem Picknick
das o-bento gefüllt
mit Kirschblüten




 (after picnic / the o-bento filled / with cherry blossoms)*

Claudia Brefeld



 
*(Erstveröffentlichung: Vancouver Cherry Blossom Festival 2012)
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Lied und Blüte

Der Wind am weißen Blütenbaum
Reißt von der Schwester Seite
Die Blüte, die geboren kaum,
Und trägt sie hinaus in die Weite.

Und geht der Geist durch mein Gemüt,
Da flattert mit Kosen und Scherzen
Das Lied, das eben erst aufgeblüht,
Das jüngste Lied aus dem Herzen.

Die Blüte fliegt und schwebt um dich,
Darf sehen dich und begrüßen —
Das Lied, o Herrin, lagert sich
Demütig zu deinen Füßen.

Eduard Kauffer (1824-1874)




Freitag, 28. April 2017

On the road again





On the road again
motorcycle riders' sun,
the loudspeakers on






(Wieder auf der Straße / Motorradfahrersonne, / laut die Lautsprecher)

Horst Ludwig




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Foto: © Erich Werner / pixelio.de




Donnerstag, 27. April 2017

Grünes Kirchendach




Grünes Kirchendach
erste Schwalben schwärmen
in Wellen vom Meer




(Green church roof / a flock of swallows flutters / in waves of(f) the shore)
 
Beate Conrad




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Schwalben


Hoch in die blauen Lüfte schwingt
die Schwalbe sich vom Dach.
Und eh ihr Zwitscherruf verklingt,
schwingt sich die zweite nach.

Die dritte folgt, die vierte auch
flitzt pfeilschnell hinterher.
Nun schwimmen über Dunst und Rauch
sie frei im Sonnenmeer.

Sie tummeln wie die Fischchen sich
im unbegrenzten Reich.
Ich freue ihres Treibens mich
und seh's doch täglich gleich.

Wie nisten sie so traut und treu
am heimischen Gebälk,
sie kehren alle Jahre neu,
ich werde alt und welk.

Eins aber, Schwalben, blieb mir doch
und bleibt wohl länger mir,
die Herzgedanken fliegen noch
und höher noch als ihr.

Bis in ein Licht so hell und klar,
wie ihr es nie erschaut,
und bau'n wohl noch ein Nestchen gar,
wo nie ein Vogel baut.

Gustav Falke (1853-1916)
Aus der Sammlung Heimat und Seele






Mittwoch, 26. April 2017

der kleine Tag




der kleine Tag …
eine Fliege setzt sich
auf ein Mobile*




(the small day / a fly sits down / on a mobile)

Gerd Börner
 
 
 
 
 *(aus: mitten im Lachen, IDEEDITION 2013)
(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Dr.H.Hoppe (www.Photoart-Nord.com) / pixelio.de





Dienstag, 25. April 2017

von Tag zu Tag





von Tag zu Tag
mein Weg durch den Wald
grüner gesäumt




(from day to day / my way through the forest / becomes greener)

Brigitte ten Brink




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Durch manchen Wald noch werd ich schweifen

Durch manchen Wald noch werd' ich schweifen,
Am Hut des Blattes grüne Zier,
Noch manchen Vogel hör' ich pfeifen,
Noch manche Blume pflück' ich mir.

So lang' der Himmel klar und helle,
So lang' die Welt noch offen steht,
Trifft auch der wandernde Geselle
Noch eine Straße, die er geht.

Und wie ich heute es getrieben,
Fang' ich es morgen wieder an,
Doch keine And're werd' ich lieben,
Weil ich Dich nie vergessen kann!

Albert Traeger (1830-1912)
Aus der Sammlung Wandern




Montag, 24. April 2017

Halteverbot





Halteverbot –
am Scheibenwischer
ein Marienkäfer




(Stopping restriction – / on the windshield wiper / a ladybug)

Friedrich Winzer




(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Luise / pixelio.de




Sonntag, 23. April 2017

Raststätte





Raststätte
das Lied der Lerche
kostenlos




(roadhouse / the song of the lark / for free)

Cezar-Florin Ciobîcă




(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Die Lerche

Lerche, los vom Erdenstaube
Schwingst du dich zum Aetherblau,
Tränkest dort mit Himmelslüften
Deine Brust, benetzt vom Thau.

Lenkst du dann zur Erde nieder
Deinen Fittich leicht und schlank,
Läßt dich stets doch aufwärts schauen
Jener Sphären reiner Trank.

Thu' es gleich, mein Herz, der Lerche;
Fleug hinan im Morgenlicht,
Daß dir's in des Tages Sorgen
Nicht an Kraft und Muth gebricht!

Daß gefesselt nicht am Boden
Bleibet dir der schwache Sinn,
Daß du über Glück und Leiden
Immer schaust nach Oben hin.

Anna Esser (1850-1930)
Aus der Sammlung Allerlei Sang und Klang
 
 
 
 

Samstag, 22. April 2017

Schon wegen





Schon wegen der Schrift  
hüt ich mein altes Schulheft  
als wär's ein Kleinod.




(yet for the handwriting / I gard my old exercise-book / as a gem)

Georges Hartmann




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Foto: © BirgitH / pixelio.de





Freitag, 21. April 2017

Karwoche





Karwoche -
im Kindergebetbuch
die bunten Bilder






(Holy Week - / in the child's prayer book / colorful pictures)

Eva Limbach




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Karwoche


O Woche, Zeugin heiliger Beschwerde!
Du stimmst so ernst zu dieser Frühlingswonne,
Du breitest im verjüngten Strahl der Sonne
Des Kreuzes Schatten auf die lichte Erde,

Und senkest schweigend deine Flöre nieder;
Der Frühling darf indessen immer keimen,
Das Veilchen duftet unter Blütenbäumen
Und alle Vöglein singen Jubellieder.

O schweigt, ihr Vöglein auf den grünen Auen!
Es hallen rings die dumpfen Glockenklänge,
Die Engel singen leise Grabgesänge;
O still, ihr Vöglein hoch im Himmelblauen!

Ihr Veilchen, kränzt heut keine Lockenhaare!
Euch pflückt mein frommes Kind zum dunkeln Strauße,
Ihr wandert mit zum Muttergotteshause,
Da sollt ihr welken auf des Herrn Altare.

Ach dort, von Trauermelodieen trunken,
Und süß betäubt von schweren Weihrauchdüften,
Sucht sie den Bräutigam in Todesgrüften,
Und Lieb’ und Frühling, alles ist versunken!

Eduard Mörike (1804-1875)





Freitag, 7. April 2017

Jerusalem





Jerusalem …
der Überraschungsgast
zählt die Stühle




(Jerusalem ...  / the surprise guest / counting the chairs)

Gabriele Hartmann




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Jerusalem

Wie konnt ich nur vergessen
Dein Bild, Jerusalem,
Du Lichtglanz unermessen,
Du Herzensdiadem?
Nun aber brich in stolzer Ruh
In meine arme Hütte
Und leuchte immerzu.

Der Erde nun vergeß ich
Um dich, du Königsbraut,
Mein Auge unablässig
Nach deinen Zinnen schaut,
Bis ich an deinem Tor mich neig
Und leuchte wie die Sonne
In meines Vaters Reich.

Elisabeth Josephson (1861 - 1906)
Aus der Sammlung Perlen aus bitterer Flut




Donnerstag, 6. April 2017

Regen rauscht




Regen rauscht  
der leise Vorhang bestickt
mit Amselgesang*





(murmuring rain / the gentle curtain embroidered / with bird song)

Angelica Seithe



*(Erstveröffentlichung: haiku.de, 2014)
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Regen

Den Regen schlürft aus blindem Silberbecher
Ein dunkles Wasser, und es dehnt sich leise,
Und jeder Tropfen schwillt zu einem Kreise
Und spiegelt zitternd graue Weidenfächer.

Und immer trüber wird des Regens Weise.
Der Tag verröchelt wie ein armer Schächer.
Der Fluß trinkt gierig wie ein wilder Zecher
Und überströmt der Ufer schmale Gleise.

Ich aber neide ihm sein Überschäumen,
Denn meine Augen sehen starr und brennen,
Weil sie nichts wissen als dies irre Träumen.

Weil ihre Leiden keine Tränen kennen,
Seit jener Sturm gewühlt in Blütenbäumen.
Und weil sie keine Seele Heimat nennen.

Ilse Franke-Oehl (1881-1938)
Aus der Sammlung Diesseits
 
 
 
 

Mittwoch, 5. April 2017

a swarm of crows







a swarm of crows, too
at the grave of the saint
the sky abides






(auch ein Krähenschwarm / am Grab eines Heiligen / verweilt der Himmel)

Beate Conrad




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Foto: © s.kunka / pixelio.de




Dienstag, 4. April 2017

Apriltag




Apriltag
im Flur neben den Handschuh‘n
der Sonnenhut




(April Day / in the hall next to the gloves / the sunhat)

Marita Bagdahn






(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Ein Apriltag

Du blicktest, Frühling, schon so freundlich nieder,
Und milde Strahlen weckten tausend Keime,
Und durch die wolkenleeren Himmelsräume
Erschollen rein der Hügel frohe Lieder,

Ein neues Leben atmeten die Bäume;
Schon reckten sie die lang erstarrten Glieder;
Da plötzlich braust’ es kalt und düster wieder,
Und uns’re Frühlingsbilder floh’n wie Träume.

Und dennoch wirst du schlagen, gold’ne Stunde!
Die düstern Wolken werden sich zerstreuen,
Und durch die Täler weht die Frühlingskunde,

Die abgeblühte Pracht wird sich erneuen,
Ein frohes Lied erschallt von Mund zu Munde;
Nach Sturmgebraus wirst du nur mehr erfreuen.

H.J. Breiter, Basel, den 1, April 1871. (?-?)
Aus der Sammlung Frühlingsblüten
 
 
 
 
 

Montag, 3. April 2017

mit mahler





mit mahler durchs tal
jeder berg
plötzlich vertraut





(with mahler through the valley / every mountain / suddenly familiar)

Peter Wißmann




(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Erich Keppler / pixelio.de




Sonntag, 2. April 2017

sag mir






sag mir, oh Goldlack, 
woher nimmst du deinen Duft?
samtenes Lächeln






(tell me, wallflower, / where does your fragrance come from? / velvety smile)

Klaus-Dieter Wirth




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Sehnsucht

Die große Sehnsucht, die in allem lebt,
Hat immer ihre dunkeln Augen offen;
Den stillen Baum beseelt dasselbe Hoffen,
Das deine Tage aus dem Dumpfen hebt.

Sehnsüchtig klingt der Sang des Vogels her,
Der Blumen stummes Lied, die süßen Düfte,
Wie seelenvoll durchzittert es die Lüfte -
Und du, mein Herz, wie bist du sehnsuchtsschwer!

Gustav Falke (1853-1916)
Aus der Sammlung Neue Gedichte