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Samstag, 31. Mai 2014

Schnappschuß





Schnappschuß -
der Mond eingerahmt
von zwei Tannen





(Snapshot - / the moon framed / by two firs)


Rita Rosen



(Übersetzung: Silvia Kempen)

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Der Mann im Mond  Mascha Kaléko

Der Mann im Mond hängt bunte Träume,
Die seine Mondfrau spinnt aus Licht,
Allnächtlich in die Abendbäume,
Mit einem Lächeln im Gesicht.

Da gibt es gelbe, rote, grüne
und Träume ganz in Himmelblau.
Mit Gold duchwirkte, zarte, kühne,
Für Bub und Mädel, Mann und Frau.

Auch Träume, die auf Reisen führen
In Fernen, abenteuerlich.
- Da hängen sie an Silberschnüren!
Und einer davon ist für dich.

  Mascha Kaléko (1907 - 1975)




Freitag, 30. Mai 2014

Spaziergang





Spaziergang –
zwei Mädchen legen ein Herz
aus weißen Kieseln




(Walk - / two girls put a heart / of white pebbles)


Angelika Holweger 



(Übersetzung: Silvia Kempen)
(Erstveröffentlichung: Haiku heute, Mai 2009)

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Foto: © Volker Innig  / pixelio.de




Donnerstag, 29. Mai 2014

Am morschen Wegkreuz






Am morschen Wegkreuz
zerschlagene Bierflaschen
und Gänseblümchen.




(At the rotten wayside-cross / broken beerbottles / and little daisies)

Wolfgang Farin



(Übersetzung: Horst Ludwig)

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Foto: © RomanH / pixelio.de





Mittwoch, 28. Mai 2014

Maispaziergang






Maispaziergang
Die Sonne streut Gold 
über die Wiesen






(a  walk in may / the sun scatters gold over / the meadow)

Brigitte ten Brink




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Spaziergang

Schon ist mein Blick am Hügel, dem besonnten,
dem Wege, den ich kaum begann, voran.
So faßt uns das, was wir nicht fassen konnten,
voller Erscheinung, aus der Ferne an —

und wandelt uns, auch wenn wirs nicht erreichen,
in jenes, das wir, kaum es ahnend, sind;
ein Zeichen weht, erwidernd unserm Zeichen ...
Wir aber spüren nur den Gegenwind.

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)




Dienstag, 27. Mai 2014

geköpfte Weiden





geköpfte Weiden 
und wir reden
und reden
 



(beheaded willows / and we talk / and talk)

Gabriele Hartmann


(Englische Fassung: Horst Ludwig)
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Foto: © Erich Westendarp / pixelio.de




Montag, 26. Mai 2014

Nach langer Reise






Nach langer Reise
daheim
der Sternenhimmel





(After a long journey / at home / the starry sky)
 
Elke Bonacker



(Übersetzung: Silvia Kempen)

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Millionen Sterne funkeln
(Volkslied)

Millionen Sterne funkeln
über Millionen Krieger
Sieger jetzt und Unterlieger
heben ihren Blick im Dunkeln
jeder sucht nach seinem Stern

Millionen Sterne streiten
Freunde, Feinde haben alle
bald im Schweben, bald im Falle
um das Weltlicht zu bereiten
keiner glänzt für sich allein

Millionen Tritte hallen
über die berauschte Erde
Hoffnung, Todesfurcht, Beschwerde
fühlen alle von sich fallen
alle gehn in allen auf

Text: Emanuel von Bodman (1874 - 1946)
Musik: Fritz Jöde (1887-1970)




Sonntag, 25. Mai 2014

Baum an Baum






Baum an Baum 
voller leerer Worte - 
Europawahl




(Tree to tree / full of empty words - / European election)

Winfried Benkel




(Übersetzung: Silvia Kempen)

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Foto: © Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de




Samstag, 24. Mai 2014

Mittagszeit





Mittagszeit -
und jetzt das Rattern
des Rasenmähers 




 (Lunch time - / and now the rattle / of the lawnmower)

Elisabeth Kleineheismann




(Übersetzung: Silvia Kempen)

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Ruhigere Rasenmäher:




Foto: © BettinaF / pixelio.de




 

Freitag, 23. Mai 2014

Maiprozession





Maiprozession
mit unbekanntem Ziel
ein Schmetterling




(May Procession / with unknown destination / a butterfly)

Martina Heinisch



(Übersetzung: Silvia Kempen)

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Prozession

Prozessionen (lat. voranschreiten) sind feierliche Umzüge aus religiösen Anlass, verbunden mit Gebet und Gesang.

Der Prozession wird das Kreuz vorangetragen, begleitet von Kerzen und Fahnen. Je nach Anlass gehören auch Heiligenbilder, Statuen und Reliquien dazu. Gipfelpunkt einer Prozession ist das Mitführen der Eucharistie in der Gestalt der Hostie, getragen in einem Schaugefäß, der Monstranz.





Foto: © Marco Barnebeck(Telemarco) / pixelio.de




Donnerstag, 22. Mai 2014

Nebelgrau







 Nebelgrau
stumpft Frühlingsfarben
Amselgesang






(foggy morning /dulls the colors of spring / blackbird's song)

Annette Grewe




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Amselgesang mal anders
Auf dieser Seite können Sie sich Amselgesang anhören, einmal in Originalgeschwindigkeit, einmal verlangsamt und ein drittes Mal sogar mit Pianobegleitung.







Foto: © Günter Havlena / pixelio.de






Mittwoch, 21. Mai 2014

Gefallene Blüten

 
 
 
 
Gefallene Blüten
kehren zum Baume zurück?
Schmetterlinge sind's!*
 
 
 
 
(Fallen Blossoms / return to the tree? / Butterflies they are!)**
 
Moritake 
 
 


*(Deutsche Übersetzung: Rudolf Thiem)
**(Englische Übersetzung: Silvia Kempen)
 
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Zitate und Sprichwörter rund um den Schmetterling


Was eine Raupe das Lebensende nennt, nennen Weise einen Schmetterling. Chinesisches Sprichwort

Garten ist nicht genug, sagte der Schmetterling. Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume muss man haben. Hans Christian Andersen (1805 - 1875)

Um einen Schmetterling lieben zu können, müssen wir auch ein paar Raupen mögen. Antoine de Saint-Exupery (1900 - 1944)
Schweb’ wie ein Schmetterling, Stich wie eine Biene! Muhammad Ali

Das Glück ist ein Schmetterling. Jag ihm nach, und er entwischt dir. Setz dich hin, und er lässt sich auf deiner Schulter nieder. Anthony de Mello (1931 – 1987) ind. Theologe

Esset und trinket und befriedigt eure Lebensbedürfnisse wie der Schmetterling, der nur von Blumen nascht, aber weder ihren Duft raubt, noch ihr Gewebe zerstört. Bhuddha

Ein schönes Buch ist wie ein Schmetterling. Leicht liegt es in der Hand, entführt uns von einer Blüte zur nächsten und läßt den Himmel ahnen. Lao-Tse

Die Liebe ist wie ein Schmetterling, hält man sie zu fest, wird sie erdrückt, hält man sie zu locker fliegt sie davon. Englisches Sprichwort

Der Tod ist ganz einfach das Heraustreten aus dem physischen Körper, und zwar in gleicher Weise, wie ein Schmetterling aus seinem Kokon heraustritt. Elisabeth Kübler-Ross





Dienstag, 20. Mai 2014

Netztrockenplatz







Netztrockenplatz -
durch die Maschen schlüpft
Frühlingssonne*





(Mesh drying area - / slipping through the stitches / spring sun)

Franz Kratochwil




(Übersetzung: Silvia Kempen)
*(Erstveröffentlichung: Klaviersonate, Mohland Verlag,2010)

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Von Marlies Jensen in Schleswiger Platt übertragen:

Op'e Drööchplatz de Netten -
döörch de Maschen witscht
to Fröhjohr de Sunn*





Foto: © gabriele Planthaber / pixelio.de





Montag, 19. Mai 2014

Die Ruhe des Steins







Die Ruhe des Steins
der ins Wasser sinkend
seine Kreise zieht





(The calm of the stone / sinking into the water / draws its circles)

Oliver Buchholz



(Übersetzung: Silvia Kempen)

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Ohrenlicht

Die Kunst, Steinen Töne und bizarre Klänge zu entlocken, bezeichnen die Chinesen seit Alters her als „Ohrenlicht“ - ein einmaliger Begriff, der die Verbindung von Ohren als Symbol für das Hören und Licht als Symbol für Erleuchtung darstellt.

aus: Klangbewegungen im Stein – Ideale Resonanzen



Sonntag, 18. Mai 2014

Leis' in den Maien







Leis' in den Maien
der Morgenregen trommelt
ein Marienlied






(Gently in the month of may / morning rain drumming /a Marian hymn)

Beate Conrad



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Mairausch

Maiengrün! Maiengrün!
Ringsum bunte Blümlein blühn,
Und die muntern Vöglein singen,
Und im Wasser Fischlein springen.

Maiengrün! süßes Grün!
Hirt und Schäflein fröhlich ziehn.
Grüne Welt! grüne Welt!
Herrlich blaues Himmelszelt!

Und die weißen Blütenbäume
Und die Knospen all' und Keime,
O, wie lustig Wald und Feld.
Grüne Welt! Sommerzelt!

Maienau! Maienau!
Morgenrot und Abendtau!
Und der Bächlein leises Rinnen
Und die Lotosblätter drinnen
Und ringsum die Blümlein blau.
Maienau! grüne Au!

Maienpracht! Maienpracht!
Alles rauscht und blüht und lacht.
Böser Schnee ist hingeschwunden,
Wird kein Spürlein mehr gefunden,
Wird an Eis nicht mehr gedacht.
Maienpracht! grüne Pracht!

Sonnenschein! Sonnenschein!
Möcht' ein Liebchen heißen mein.
Wollt' ihm alle Blumen pflücken,
Wollt's mit grünen Kränzen schmücken.
Scheint mir recht ins Herz hinein
Sonnenschein! Liebesschein!

Maiengrün! süßes Grün!
Will in grüne Wälder ziehn,
Will durch lichte Fluren springen
Und mit tausend Zungen singen,
Bis ich alles wachgeschrien:
Maiengrün! Maiengrün!

Luise Hensel (1798 - 1876)




Samstag, 17. Mai 2014

Sterne





Sterne -
der Wunsch zu wissen 
was da ist





(stars - / the desire to know / what there is)

Silvia Kempen




(Erstveröffentlichung: Haikuscope, 50te Woche 2013)

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Die Sterne

Die Sterne leben heute Nacht,
Als sind sie eben zur Welt gebracht;
Als bieten sich alle dem Leben an,
Wie Kind und Weib und ein jeder Mann.
Sie stehen in silbernen Gehäusen,
Sie wehen wie Blumen in blitzenden Sträußen,
Sie sehen durch kahle Winterhecken,
Als glänzten Goldeier aus Erdverstecken.
Sind wie die Eidechsen mit flinken Schwänzen;
Durchflechten die Bäume gleich gläsernen Kränzen;
Als kämen Reiter, die unsichtbar blieben,
Und nur die Funken der Hufe stieben.
Sie sind die Fußstapfen der Ewigkeit,
Die Millionen Augen am Kopf der Zeit.
Sie leuchteten einst schon deinem Ahn`
Und wachsen mit deinen Kindern heran.
Wohin wollen alle die Sterne nachts wallen,
Und wo ist der Schoß, in den sie fallen?
Wir gingen hinter den Sternen her,
Und nirgends waren Wege von Sternen leer,
Als wollten sie dir ans Haar anstreifen,
Als müßte dein Rocksaum durch Sterne schleifen.
Sie hingen magnetisch um Dach und Wand,
Über Hügel und Tal sich Sternenstaub fand.
Sie bedrängten, wie nur verliebte Gesellen,
Den Leib der Erde an allen Stellen.
Sie banden sich fest an unsern Schritt
Und gingen in hellen Gesellschaften mit.
Sie lassen uns nirgends heut nacht allein,
Sie spüren, wie Menschen, durch Türen herein.
Sie wollen, daß wir die Augen schließen
Und uns nur fühlen und nichts mehr wissen,
Damit sie ihre knisternden Wege gehen,
Sie, die wie wir voll Flammen stehen.

Max Dauthendey (1867-1918)





Freitag, 16. Mai 2014

Maikirmes





Maikirmes
am Autoscooter lacht
ein Rollifahrer

 
 
(may fair / at the dodgems laughs / a wheelchair user)

Ralf Bröker





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Jahrmarkt

Sinds die Häuser, sinds die Gassen?
Ach, ich weiß nicht wo ich bin!
Hab ein Liebchen hier gelassen,
Und manch Jahr ging seitdem hin.

Aus den Fenstern schöne Frauen
Sehn mir freundlich ins Gesicht,
Keine kann so frischlich schauen,
Als mein liebes Liebchen sicht.

An dem Hause poch ich bange -
Doch die Fenster stehen leer,
Ausgezogen ist sie lange,
Und es kennt mich keiner mehr.

Und ringsum ein Rufen, Handeln,
Schmucke Waren, bunter Schein,
Herrn und Damen gehn und wandeln
Zwischendurch in bunten Reihn.

Zierlich Bücken, freundlich Blicken,
Manches flüchtge Liebeswort,
Händedrücken, heimlich Nicken -
Nimmt sie all der Strom mit fort.

Und mein Liebchen sah ich eben
Traurig in dem lustgen Schwarm,
Und ein schöner Herr daneben
Führt’ sie stolz und ernst am Arm.

Doch verblaßt war Mund und Wange,
Und gebrochen war ihr Blick,
Seltsam schaut’ sie stumm und lange,
Lange noch auf mich zurück. -

Und es endet Tag und Scherzen,
Durch die Gassen pfeift der Wind -
Keiner weiß, wie unsre Herzen
Tief von Schmerz zerrissen sind.




Donnerstag, 15. Mai 2014

Hochseilgarten





Hochseilgarten
zwei Nonnen erforschen
den Himmel im Mai




(high rope course / two nuns exploring / the skies of May)

Simone K. Busch



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 Foto: © Simone K. Busch



Mittwoch, 14. Mai 2014

Im Vorbeigehen






Im Vorbeigehen:
"Das wünscht man sich doch im Mai." -
Ein schönes Dirndl.






(Passing by, / "That's what you'd wish for in May." - / A pretty dirndl.)


Horst Ludwig




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Foto: © Michaela Schöllhorn / pixelio.de






Dienstag, 13. Mai 2014

Kuckucksrufe






Kuckucksrufe
In der Blütenpracht
Schweigen




(Cuckoo's Calling / In the flowerage / silence)

Brigitte ten Brink




 (Übersetzung: Silvia Kempen)
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Haiga: © Brigitte ten Brink




Montag, 12. Mai 2014

Capriccio





Capriccio –
ein Spatzenschwarm
mischt meinen Morgen auf




(Capriccio - / a swarm of sparrows / stirs up my morning)


Gerda Förster



(Übersetzung: Silvia Kempen)

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Die drei Spatzen

In einem leeren Haselstrauch
da sitzen drei Spatzen, Bauch an Bauch.
Der Erich rechts und links der Franz
und mitten drin der freche Hans.
Sie haben die Augen zu, ganz zu,
und obendrüber da schneit es, hu!
Sie rücken zusammen dicht an dicht.
So warm wie der Hans hats niemand nicht.
Sie hören alle drei ihrer Herzlein Gepoch
Und wenn sie nicht weg sind, so sitzen sie noch.

Christian Morgenstern (1871 - 1914)




Sonntag, 11. Mai 2014

muttertag





muttertag
die zähne kleben
im karamel




(Mother’s Day / the teeth stick / in caramel)


Sylvia Bacher



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An meine Mutter


So gern hätt' ich ein schönes Lied gemacht,
Von deiner Liebe, deiner treuen Weise,
Die Gabe, die für andre immer wacht,
Hätt' ich so gern geweckt zu deinem Preise.

Doch wie ich auch gesonnen mehr und mehr,
Und wie ich auch die Reime mochte stellen,
Des Herzens Fluten rollten drüber her,
Zerstörten mir des Liedes zarte Wellen.

So nimm die einfach schlichte Gabe hin,
vom einfach ungeschmückten Wort getragen,
Und meine ganze Seele nimm darin;
Wo man am meisten fühlt, weiß man nicht viel zu sagen.







Samstag, 10. Mai 2014

Kastanienblüte






Kastanienblüte.
Ein Mann beugt sich
aus der Rangierlok.





(Chestnut blossom. / A man bends himself / out of the switcher.)

Volker Friebel




(Übersetzung: Silvia Kempen)

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Foto: © Rainer Sturm / pixelio.de




Freitag, 9. Mai 2014

die Puppen von damals






die Puppen von damals
auf dem Sperrmüll -
Magnolien welken






(the dolls of yesteryear / on the bulky waste - / wilted Magnolia)

Eva Limbach



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Puppen 

Sie stehn im Schein der Kerzen, geisterhafte Paare, spöttisch und kokett in den Vitrinen
Wie einst beim Menuett. Der Schönen Hände schürzen wie zum Spiel die Krinolinen
Und lassen weich gewölbte Knöchel über Seidenschuhe blühn. Die Kavaliere reichen
Galant den degenfreien Arm zum Schritt, und ihre feinen frechen Worte, scheint es, streichen
Wie hell gekreuzte Klingen durch die Luft, bis sie in kühlem Lächeln über ihrem Mund erstarren,
Indes die Schönen in den wohlerwognen Attituden sanft und träumerisch verharren.
So stehn sie, abgesperrt von greller Luft, in den verschwiegnen Schränken
Hochmütig, kühl und fern und scheinen langvergeßnen Abenteuern nachzudenken.
Nur wenn die Kerzen trüber flackern, hebt ihr dünnes Blut sich seltsam an zu wirren:
Dann fallen Funken in ihr Auge. Heiße Worte scheinen in der Luft zu schwirren.
Der Schönen Leib erbebt. Im zarten Puder der geschminkten Wangen gleißt
Ihr Mund wie eine tolle Frucht, die Lust und Untergang verheißt.

Ernst Stadler (1883 - 1914)