Donnerstag, 30. Juni 2016

am abend fährt





am abend fährt
auf eisenbahnschienen
die sonne nach haus




(in the evening / on railroad tracks / the sun’s running home)

René Possèl
 
 
 
 
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Foto: © Jerry / pixelio.de




Mittwoch, 29. Juni 2016

St. Peter und Paul





St. Peter und Paul —
Klimatisiert fahren wir
in die Ferien.




(Saints Peter and Paul - / climatized we're taking off / for our vacation)

Horst Ludwig




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Informationen zu Peter und Paul: bauernregeln


Peter und Paul / hat Wasser im Maul.
Regnet es an Peter und Paul / wird des Winzers Ernte faul.
Um Peter und Paul wird dem Korn schon mal die Wurzel faul.
Regnet's am St. Petertag, / so drohen dreißig Regenta.
Peter und Paul hell und klar / bringet uns ein gutes Jahr.
Ist's Wetter von Peter bis Laurentius heiß, / bleibt kommend' Winter lange wei.
Schön zu St. Paul, füllt Tasche und Maul.



Dienstag, 28. Juni 2016

am fluss





am fluss
im grünen spiegel -
mein schweigen




(at the river / in the green mirror - / my silence)





(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Silvia Kempen




Montag, 27. Juni 2016

Sommerkleid





Sommerkleid
mein Schatten gaukelt
Jugendfrische




(summer-dress / my shadow feigns / youthfulness)

Eléonore Nickolay



 
(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Jung und Alt

So lang uns noch die Jugend blüht,
Ergreift oft, ehe wir´s gedacht,
Grundlose Trauer das Gemüt,
Und unsre Thränen fließen sacht.

Doch wem des Alters Eulenflug
Die Stirne streifte kalt und schwer,
Zur Trauer hätt´ er Grund genug,
Nur hat er keine Thränen mehr.

Betty Paoli (1814-1894)




Sonntag, 26. Juni 2016

Konzert im Park






Konzert im Park – 
am Dirigentenpult lauscht 
ein Schmetterling




(Concert in the Park - / listening at conductor's stand / a butterfly)

Friedrich Winzer




(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Tom Win / pixelio.de




Samstag, 25. Juni 2016

altes Treppenhaus





altes Treppenhaus
im fadenscheinigen Himmel
eine Spur Rouge





(old staircase / in the threadbare sky / a trace of rouge)

Christof Blumentrath




(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Fünf Treppen hoch

1.

Fünf Treppen hoch, fünf Treppen hoch,
Dem Himmel nah, dem blauen,
Die Tauben nur vermögen noch
In unser Heim zu schauen.

Tief unten liegt die Welt, es dringt
Nur in verlornen Tönen
Herauf, was so betäubend klingt,
Ihr Jubeln und ihr Stöhnen.

Wenn es auch oben einsam ist,
Du sehnst dich nicht hinunter,
Und wie dein kleiner Vogel bist
Du immer froh und munter.

Vom Kirchturm in die traute Ruh
Des Stübchens manchmal klingen
Die Glockenstimmen ... aber du
Kannst doch viel schöner singen.

Fünf Treppen hoch, fünf Treppen hoch
Halt ich dich treu geborgen,
Was gilt die Welt mir unten noch
Mit ihren grauen Sorgen?


2.

Viel schneller, als ich es gedacht,
Viel heller kam das Glück uns noch;
Wir wohnen ja fünf Treppen hoch,
Da hat der Storch es rasch gebracht.

Vom Kirchturm flog er durch die Nacht
Mit seiner schlafbefangnen Last;
Nun küsse sanft den kleinen Gast
Und harre, bis das Glück erwacht.


3.

Wenn das weiße Mondenlicht
Durch die klaren Scheiben rinnt
Und dein holdes Angesicht
Sacht mit Schleiern überspinnt,

Wenn das Kind an deiner Brust
Träumend lächelt - fremd der Welt -
Ahnt mir, daß es unbewußt
Noch mit Engeln Zwiesprach hält ...


4.

Deine Locken sind es,
Dein Gesicht,
Nur bleich wie du
Ist das Kindlein nicht.
Deine Stirne ist es
Und dein Mund
Und auch dein Auge
So kindlich-rund,
Dein Lächeln ist es,
Dein Zucken gar ...
Das immer
Heimliches Weinen war.


5.

Bald jährt sich unser Hochzeitstag,
Wo ich durch Sturm und Regen,
Die zitternd mir im Arme lag,
Dich hertrug - mir zum Segen.

Wie bist du demutvolles Kind
So hilflos dort gesessen,
Im Schornstein wimmerte der Wind,
Ich kann es nie vergessen.

Mein heißes Blut begehrte dich,
Doch rührte mich dein Bangen,
Und einem tiefen Mitleid wich
Mein liebendes Verlangen.

Ada Christen (1839-1901)




Freitag, 24. Juni 2016

Johannisnacht





Johannisnacht
erste Flammen
schluckt der Regen




(St. John´s Eve / first flames / swallowed by the rain)

Birgit Schaldach-Helmlechner




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Foto: © Maria Lanznaster / pixelio.de




Donnerstag, 23. Juni 2016

mohnblütenblätter





mohnblütenblätter über den fluss schweifsterne*




(poppy petals beyond the stream shooting stars)

Helga Stania




*(Erstveröffentlichung: Haiku heute, Ausgabe Mai 2014)
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Blühender Mohn

Blaue, linde
Sommerwinde,
Wiegt mein Mohnfeld leicht und leis,
Daß die blanken
Blüten schwanken,
Rosenrot und lilienweiß!

Junisonne,
Sommerwonne
Stehn auf ihrer Höhe schon,
Deiner Fahnen
Leises Mahnen,
Wohl vernehm' ich's, bunter Mohn!

Sinnend steh' ich,
Träumend seh' ich
Weit ins Land vom Wiesensaum:
Winde weben,
Blüten beben
- Und das Leben ist ein Traum. -

Karl Gerok (1815-1890)
Aus der Sammlung Feldblumen




Mittwoch, 22. Juni 2016

laue Sommernacht





laue Sommernacht
die Magie
von Glühwürmchen




(balmy summer night / the magic / of fireflies)

Silvia Kempen




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Foto: © s.kunka / pixelio.de
 
 
 
 

Dienstag, 21. Juni 2016

Sommersonnwende





Sommersonnwende -
mein Schatten und ich
wechseln die Seiten




(summer solstice - / my shadow and me / changing sides)

Eva Limbach
 
 
 
 
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Sonnenwende

Nun die Sonne soll vollenden
Ihre längste, schönste Bahn,
Wie sie zögert, sich zu wenden
Nach dem stillen Ozean!
Ihrer Göttin Jugendneige
Fühlt die ahnende Natur,
Und mir dünkt, bedeutsam schweige
Rings die abendliche Flur.

Nur die Wachtel, die sonst immer
Frühe schmälend weckt den Tag,
Schlägt dem überwachten Schimmer
Jetzt noch einen Weckeschlag;
Und die Lerche steigt im Singen
Hochauf aus dem duft'gen Tal,
Einen Blick noch zu erschwingen
In den schon versunknen Strahl.

Ludwig Uhland (1887-1862)
Aus der Sammlung Lieder
 
 
 
 

Montag, 20. Juni 2016

Herzkirschenzeit





Herzkirschenzeit
in alten Liebesbriefen
verwelkte Blüten





(heart cherry time / in old love letters / withered blossoms)

Chris David




(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Chris David



Sonntag, 19. Juni 2016

graue Vorstadt





graue Vorstadt
die Sünde
neuer Schuhe




(grey suburbia / the pecadillo of / some new shoes)

Gabriele Hartmann




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Die Schuhe

Man sieht sehr häufig unrecht tun,
doch selten öfter als den Schuhn.

Man weiß, daß sie nach ewgen Normen
die Form der Füße treu umformen.

Die Sohlen scheinen auszuschweifen,
bis sie am Ballen sich begreifen.

Ein jeder merkt: es ist ein Paar.
Nur Mägden wird dies niemals klar.

Sie setzen Stiefel (wo auch immer)
einander abgekehrt vors Zimmer.

Was müssen solche Schuhe leiden!
Sie sind so fleißig, so bescheiden;

sie wollen nichts auf dieser Welt,
als daß man sie zusammenstellt,

nicht auseinanderstrebend wie
das unvernünftig blöde Vieh!

O ihr Marie, Sophie, Therese, –
der Satan wird euch einst, der böse,

die Stiefel anziehn, wenn es heißt,
hinweg zu gehn als seliger Geist!

Dann werdet ihr voll Wehgeheule
das Schicksal teilen jener Eule,

die, als zwei Hasen nach sie flog
und plötzlich jeder seitwärts bog,

der eine links, der andre rechts,
zerriß (im Eifer des Gefechts)!

Wie Puppen, mitten durchgesägte,
so werdet ihr alsdann, ihr Mägde,

bei Engeln halb und halb bei Teufeln
von nie gestillten Tränen träufeln,

der Hölle ein willkommner Spott
und peinlich selbst dem lieben Gott.

Christian Morgenstern (1871-1914)
Aus der Sammlung Palma Kunkel

Samstag, 18. Juni 2016

Nach nächtlichem Sturm






Nach nächtlichem Sturm
wieder füllen die Linden
unsere Straßen mit Duft




(After overnight storm / the linden tree fills again / our streets with fragrance)

Angelika Knetsch




(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © knipseline / pixelio.de




Freitag, 17. Juni 2016

zwischen Tomatenstäben





zwischen Tomatenstäben
suchen meine Hände
Sinn




(between tomato rods / my hands seek / sense)

Ralf  Bröker




(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Auf der Suche

Ich schritt über grüne Felder
ins Blaue hinein
und suchte das Paradies
noch obendrein;
zertrat die Blumen,
lief her und hin,
und ahnte nicht —
daß ich hier längst schon
im Paradiese bin.

Karl Stirner (1882-1943)




Donnerstag, 16. Juni 2016

ihr Kleid liegt noch






ihr Kleid liegt noch
im Dünengras -
und es ist Sommer




(her dress still lies / in the dune grass - / and it's summer)

Gerd Börner




(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Silvia Kempen




Mittwoch, 15. Juni 2016

Hydrangeas





Hydrangeas -
even the blue
withering




(Hortensien - / selbst die blauen / welken)

Eva Limbach




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Blaue Hortensie


So wie das letzte Grün in Farbentiegeln
sind diese Blätter, trocken, stumpf und rauh,
hinter den Blütendolden, die ein Blau
nicht auf sich tragen, nur von ferne spiegeln.

Sie spiegeln es verweint und ungenau,
als wollten sie es wiederum verlieren,
und wie in alten blauen Briefpapieren
ist Gelb in ihnen, Violett und Grau;

Verwaschenes wie an einer Kinderschürze,
Nichtmehrgetragenes, dem nichts mehr geschieht:
wie fühlt man eines kleinen Lebens Kürze.

Doch plötzlich scheint das Blau sich zu verneuen
in einer von den Dolden, und man sieht
ein rührend Blaues sich vor Grünem freuen.

Rainer Maria Rilke (1875-1926)
Aus der Sammlung Neue Gedichte, Erster Teil



Dienstag, 14. Juni 2016

Nachts im Cabrio






Nachts im Cabrio
zwischen Landstraße
und Milchstraße





(nights in the convertible / between highway / and Milky Way)

Kurt F. Svatek




(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Foto: © Bernhard Mayr / pixelio.de