Montag, 10. November 2014

spinne um spinne






spinne um spinne 
reiht ihr netz in die wiesen 
altweibersommer




(spider for spider / places her web in the meadows / Indian summer)

Peter Wißmann



(Übersetzung: Silvia Kempen)
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Das Spinnennetz

Ich sah im Wald der Spinne zu,
Die hielt an einer Linde Ruh.
Ein Faden aus dem Leib sich zog
Und frei mit einem Ende flog,
Das lang im Waldeshauche schwebt,
Bis es am nächsten Baume klebt;

Zur Mitte drauf die Spinne lies,
Die bald ach einem Schlehdorn tief
An einem Silberfaden sank,
Und knüpft ihn an das Dorngerank.
Und rückwärts man sie klimmen sieht,
Daß sie den dritten Faden zieht
Zum Dreieck, und zum Viereck teil;
Sie eine Seite unverweilt.
Und durch die Mitte rasch gespannt
Die Strahlen sind nach jeder Wand.
Gezogen auch mit Kunst und Fleiß
Ist bald der engste kleinste Kreis
Und immer größer Ring an Ring,
Das Spinngewebe fertig hing.
Die Abendsonne durch den Tann
Schräg lächelnd sah das Netz sich an;
Mit Blau und Gold und Grün und Rot
Ein Farbenspiel der Faden bot.
Stolz mitten drin die Spinne hält;
Der Meistrin wohl ihr Werk gefällt,
Und mit dem Garne fest und fein
Fängt Mücken sie und Fliegen ein.

* * *

O Menschengeist, so groß- du bist,
Die Spinne klein dir ähnlich ist!
Vom Anfang bis zur letzten Zeit
Reicht des Gedankens Faden weit,
Der sich an die Erfahrung klebt,
Und strahlenförmig, größer webt
Stets aus dem Ich das Denkgesetz
Des Erdenwissens Spinnennetz.

Franz Binhack (1836-1915)
Aus der Sammlung Camera obscura




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